Liebe und andere Notlügen: Roman (nur als E-Book erhältlich) by Mary Kay Andrews

Liebe und andere Notlügen: Roman (nur als E-Book erhältlich) by Mary Kay Andrews

Autor:Mary Kay Andrews [Andrews, Mary Kay]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction, General
ISBN: 9783104903156
Google: JM9kDQAAQBAJ
Herausgeber: FISCHER digiBook
veröffentlicht: 2017-04-26T22:00:00+00:00


42

Der 4. Juli war ein Donnerstag. Am Mittwoch pflückte Mary Bliss die erste Tomate des Sommers. Es war eine riesige rote Kostbarkeit, eine altmodische Sorte namens Mortgage Lifter, deren Samen sie jedes Jahr aufhob. Sie legte die Tomate in ihren Gartenkorb, zusammen mit einem halben Dutzend Butternuss-Kürbissen und einer einzelnen Gurke, und trug ihn triumphierend ins Haus.

Ihre Mama hatte immer die erste Tomate des Sommers um den 4. Juli herum gepflückt. Mary Bliss wünschte, Nina hätte ihre prachtvolle Mortgage Lifter sehen können.

Sie wusste, was sie mit der Tomate machen würde. Sie würde sie waschen und schälen, sorgfältig in Scheiben schneiden, salzen und pfeffern und auf eine hübsche rosa geblümte Untertasse legen.

Die Tomate wäre ein Opfer für Eula – ihre persönliche Buße für die schreckliche Lüge, die sie ihr in den vergangenen Wochen vorgelebt hatte.

Mary Bliss packte ihre übrigen Gaben – selbstgemachte Käsemakkaroni und eine dicke Scheibe Schokoladenkuchen – in ihre kleine blaue Kühltasche. Sie pflückte einige Gänseblümchen, Schmuckkörbchen, Zinnien und Bienenkraut, wickelte sie in ein feuchtes Küchenhandtuch und stellte sie in einem Marmeladenglas dazu.

Sie trödelte in der Küche herum, arrangierte Blumen in der gelben Vase, die auf der Fensterbank stand, verstaute die Kürbisse im Gemüsefach des Kühlschranks. Doch im Grunde schob sie nur die Fahrt zum Pflegeheim vor sich her.

Sie fürchtete sich davor, Eula zu sehen, sie über die »farbigen Schwestern« und »jüdischen Ärzte« schimpfen zu hören, die sich gegen sie verschworen hatten. Vor allem aber fürchtete sie sich vor ihrer Schwiegermutter, weil sie Mary Bliss Woche für Woche aufs Neue daran erinnerte, dass Parker irgendwo auf einer Insel lebte und bald zurückkehren würde, um sie aus der Hölle des Pflegeheims zu befreien und Mary Bliss in den Knast zu bringen.

»Achten Sie nicht auf sie«, hatte Lillian King erst letzte Woche zu ihr gesagt. »Sie will nur, dass Sie sich aufregen. Das ist leider Teil der Krankheit. Sie verlangt nach Aufmerksamkeit. Erzählt alle möglichen Geschichten. Letzte Woche hat sie behauptet, sie würde am Broadway für Ethel Merman einspringen. Hat in der Kapelle ›No Business Like Show Business‹ gegrölt, während die anderen ›Walk with Me, Jesus‹ sangen. Und wissen Sie, was sie bei der Beschäftigungstherapie gemacht hat? Alle haben einen hübschen Aschenbecher getöpfert. Nur Miss Eula hat den Ton genommen und …« Lillian King wandte sich verlegen ab. »Ich sage nur ungern, was sie gemacht hat.«

»Sie können es mir ruhig erzählen.«

»Sie hat einen Penis gemacht«, flüsterte Lillian King Mary Bliss ins Ohr.

»Ehrlich?«

»Ja. Und wissen Sie, was? So schlecht ist ihr Gedächtnis gar nicht.«

Als sie die Fahrt nicht länger hinauszögern konnte, packte Mary Bliss die Kühltasche ins Auto und stieg ein. Als sie gerade losfahren wollte, bog eine dunkle Limousine in die Einfahrt ein.

Es war Matt Hayslip.

Er ließ den Motor laufen und sprang aus dem Wagen.

Sie öffnete das Fenster. »Hallo«, sagte sie ohne jede Wärme in der Stimme.

»Hallo. Wie geht es Ihnen?« Er tat, als hätte sie alle Zeit der Welt.

»Ich wollte gerade wegfahren. Ich bringe meiner Schwiegermutter Mittagessen ins Pflegeheim. Das ist für sie der Höhepunkt der Woche. Ich lasse sie ungern warten.



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