Liebe am Ende der Welt by McCarten Anthony

Liebe am Ende der Welt by McCarten Anthony

Autor:McCarten, Anthony [McCarten, Anthony]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 978-3-257-60193-0
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2015-01-06T05:00:00+00:00


[187] Die Konkubine des Satans

Lucinda Evans, Außenseiterin und Hexe, Spinnenzüchterin und Hauskatzendiebin, Lucinda, die übergewichtige, am ganzen Körper gepiercte Trägerin von Gothic-Kleidern war eine der Ersten, die die Sonntagszeitung in die Finger bekam und Delia Chapmans Foto auf der Titelseite sah.

Sie war damit schon vor Beginn der 8-Uhr-30-Schicht im Packraum und wartete in ihrer keimfreien Kleidung auf die anderen Mädchen, und dabei las sie den Artikel zum dritten Mal. Neben dem Foto einer sehr jungen Delia Chapman sah man eine Aufnahme der Stelle, wo das Raumschiff gelandet war.

Die bloße Tatsache, dass Lucinda bereits da war, überpünktlich und nicht mit der üblichen zehnminütigen Verspätung, war ein deutliches Signal, dass etwas passiert sein musste.

»Seht euch das an«, sagte sie und schwenkte die Zeitung mit einer unübersehbaren Spur Eifersucht, während das Fließband sich schon in Bewegung setzte.

Sechs weitere potentielle Starlets beugten sich über die Titelseite des Revolverblatts.

»Gütiger Himmel«, sagte Suzy Jackson.

»Jetzt ist sie tatsächlich berühmt!«, tönte Deborah Kerr, grün vor Neid.

[188] Das Geschnatter schwoll zu ohrenbetäubender Lautstärke an. In diesem Augenblick kam Delia herein und schwebte, wie ein herausgeschnittenes Herz, mitten durch die Versammlung hindurch.

Die Mädchen stürmten hinter ihr her. Was geschehen war, wollten sie wissen. Hatte sie ein Interview gegeben? Wer war in der Stadt? Journalisten oder was? Wieso hatte sie der Zeitung ein altes Foto aus dem Schuljahrbuch gegeben? Ob ihr klar sei, dass sie jetzt eine landesweite Berühmtheit sei? Landesweit! Bestimmt hatten die Zeitungen ihr einen Haufen Geld bezahlt – wie viel, wie viel, wie viel?

Delia ließ den Druck von sechzehn Händen auf den Schultern über sich ergehen, als stehe sie unter Beruhigungsmitteln. Sie wisse von nichts, sagte sie. Und das war die reine Wahrheit.

»Ich habe keine Ahnung, woher die das haben. Ich habe mit niemandem gesprochen.«

Sie überlegte, ob sie ihnen jetzt auf der Stelle sagen sollte, dass sie schwanger sei, aber ihr war klar, wie verrückt das klang, wie unglaubwürdig selbst für sie, von anderen ganz zu schweigen. Schwanger! Wenn sie jetzt schon so aufgeregt waren, wie sollte das dann erst werden, wenn sie erfuhren, dass sie ein Baby bekam? Es würde einen solchen Aufruhr geben, dass ihr eigenes Leben in Gefahr sein würde!

Doch allein schon die Tatsache, dass sie es abstritt, wurde als Beleg genommen, dass Delia ein langes Interview gegeben hatte. Nur die Wahrheit stritten die Leute ab. Außerdem gingen alle Mädchen davon aus, dass dabei große Summen Geldes den Besitzer gewechselt hatten. Als Berühmtheit musste man sich einfach so benehmen, wie Delia es jetzt tat: [189] alle Gerüchte bestreiten, hochmütig tun, als sei einem die ganze Aufmerksamkeit nur lästig. So war das eben.

Es war unvermeidlich, dass sich ein Klima des Neides einstellte. Lucinda Evans hatte schon seit dem Tag ihres ersten Nasenpiercings berühmt sein wollen, doch ihr schwererarbeiteter schlechter Ruf konnte es nicht annähernd mit Delias Starruhm aufnehmen. Und Deborah Kerr trug ja nicht umsonst den Namen einer Schauspiellegende: Deborah war bis zum Platzen angefüllt mit Plänen, aus denen bisher nichts geworden war. Und Suzy Jackson war eine von neun Geschwistern und konnte sich bereits bis



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