Liah by Liane Mars

Liah by Liane Mars

Autor:Liane Mars [Mars, Liane]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: at Bookshouse Ltd.
veröffentlicht: 2015-12-10T00:00:00+00:00


Kapitel 10

Erinnerungsbläschen 4.0

Tristan und der Spähtrupp waren verschwunden. Einfach weg. Verpufft. Verloren.

Die Erinnerung setzte ein, als mein jüngeres Ich gerade ein heftiges Streitgespräch mit Brahn führte. Ich wollte sie suchen gehen, Brahn wollte weitergehen.

»Du kannst nicht helfen, Liah«, erklärte er.

»Ich schon. Du nicht«, erwiderte ich.

»Du bist eine Feyann. Du bist eine Heilerin. Wie willst du da helfen?«

»Aber wir können sie nicht einfach zurücklassen!«

»Niemand spricht hier von Zurücklassen! Tristan und die anderen Mae können sehr gut auf sich aufpassen. Sie werden ihre Gründe haben, warum sie nicht zu uns stoßen können.«

»Vielleicht hat das Menschenheer unsere Finte durchschaut und ist uns in die Berge gefolgt. Vielleicht haben die Menschen auch unsere Wächter gefangen genommen.«

»Vielleicht.« Brahns Blick machte deutlich: Und wenn es so war, können wir ihnen ohnehin nicht mehr helfen.

Bevor er mich aufhalten konnte, war ich auf dem Fußballen umgedreht und ans andere Ende des Lagers gestapft. Dabei rief ich alle meine Geister zusammen. »Sucht Tristan«, sagte ich herrisch und ließ sie mit einem Wink davonfliegen. Brahn packte meine Handgelenke und hielt mich mit einem Ruck auf.

»Liah! Mach jetzt nichts Unüberlegtes.«

Die Mar um mich herum musterten uns nervös. Natürlich hatten auch sie das Ausbleiben unseres Spähtrupps bemerkt. Weil der Rest der Anführer jedoch bislang keine Anzeichen von Nervosität gezeigt hatte, waren sie ruhig geblieben. Jetzt bekamen sie es mit der Angst zu tun.

Zu Recht.

»Ich mache überhaupt irgendetwas. Wir können sie nicht im Stich lassen!«

»Ich wiederhole es gern noch mal: Niemand lässt hier irgendwen im Stich. Vergiss nicht, für wen wir hier die Verantwortung tragen.« Er zeigte mit einem zitternden Finger auf die Gruppe Kinder, die mich von Nasurs Rücken aus mit großen Augen ansahen.

Ich spürte ihre Angst und wusste, dass Brahn genauso verzweifelt war wie ich. Nur dachte er logisch – ich nicht.

Da kam von hinten eine Gruppe Geister herangezischt. Sie waren ungewöhnlich still, fast andächtig. Eindeutig. Sie hatten schlechte Nachrichten.

Der älteste Geist schwebte heran und zeigte mir eine Reihe verwirrender Gefühle. Tod. Kampf. Magie. Ein jüngerer Geist war etwas präziser. Er zeigte mir Bilder, die mein Herz vor Schreck stolpern ließen. Die Mae waren vom Menschenheer umzingelt worden. Sie kämpften noch, aber auf verlorenem Posten. Da lief ich einfach los, der Geisterschar folgend, die mir den Weg zeigen wollte.

Brahn hetzte natürlich sofort hinter mir her, angelte verzweifelt nach meinen Handgelenken. »Liah! Nicht! Wo willst du denn hin?«

Ich entwand mich seinem Griff und schlug zu unserer Überraschung nach ihm. »Lass mich!«

»Du kannst ihnen nicht helfen. Bleib hier!«

Aber ich blieb nicht. Ich hörte noch nicht einmal mehr zu. Stattdessen sprintete ich geschwind wie ein Wari los, dachte nicht, rannte nur. Der Wind zischte um meine Ohren, während ich alles aus mir herausholte. Meine nackten Füße trommelten lautlos auf den Erdboden, suchten sich ihren Weg fast von allein. Hinter mir polterte Brahn her und obwohl er so viel längere Beine hatte als ich, konnte er mich nicht einholen.

Die Erdgeister ließen zusätzlich zu meinem rasanten Lauf die Erde unter mir schneller vorüberlaufen. Ich flog geradezu dahin und hängte Brahn schon bald ab.

Ich weiß nicht, wie lange ich so lief.



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