Letzter Saibling by Herbert Dutzler

Letzter Saibling by Herbert Dutzler

Autor:Herbert Dutzler [Dutzler, Herbert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: HAYMONVerlag
veröffentlicht: 2014-05-14T17:00:00+00:00


11

»O Gott, o Gott, o Gott!« Wieder und wieder wiederholte die Frau Doktor ihre Anrufung des Herrn, zu mehr schien sie im Moment nicht in der Lage zu sein. »O Gott, o Gott, o Gott!« Sie standen vor der Altausseer Gradieranlage, einer offenen Halle, in der über hohe Gestelle Tannenreisig gebreitet war. Über das Reisig lief Salzwasser aus dem Salzbergwerk, das durch das Tannenreisig zerstäubt und mit ätherischen Ölen angereichert wurde. Ein Labsal für verschleimte oder sonstwie beschädigte Atemwege. Vor allem, wenn das Wetter zu schlecht für größere Wanderungen war, drehten die Kurgäste gerne ihre Runden in der Anlage.

Obwohl, den beiden da drinnen konnte die salzhaltige Luft nicht mehr helfen. Die hatten nämlich das Atmen schon vor einiger Zeit endgültig eingestellt. Ihretwegen war Altaussee wieder einmal Schauplatz eines Großeinsatzes. Rund um Gasperlmaier zuckten Blaulichter, drinnen in der Gradieranlage waren schon die Tatortleute zugange, und man wartete nur noch auf die Gerichtsmedizinerin. »O Gott, o Gott, o Gott!« So fassungslos hatte Gasperlmaier die Frau Doktor noch nie erlebt. Er selbst war fast ein wenig stolz auf sich, weil er den Anblick ertragen hatte, ohne dass ihm der Mageninhalt hochgekommen wäre. Gut, er hatte bescheiden gefrühstückt, bloß ein wenig Obst mit Müesli und Joghurt. Die Knopflöcher am Bund seiner Hosen seien schon ein bisschen arg gedehnt, hatte die Christine gemeint, da würde bald einmal ein Knopf abreißen, wenn er weiter so unmäßig esse. Jetzt allerdings war ihm der Appetit ohnehin gründlich vergangen. Allein der Geruch hatte genügt, um ihn aus der Gradieranlage zu vertreiben, zerstäubte Salzluft hin oder her.

Das Positive an der Sache war, dass jetzt wenigstens die Josefine Kniewasser vollständig war, und vom Matthias Grubauer fehlten nur mehr der Rumpf und ein Arm, wenn Gasperlmaier sich recht erinnerte. Drinnen in der Gradieranlage hingen nämlich die Köpfe von den beiden. Hoch droben hatte der Mörder die beiden aufgehängt – den der Josefine an den Haaren, um die er anscheinend eine Schnur geknüpft hatte, so genau hatte er dann doch nicht hingeschaut. Und der des Matthias steckte in einem durchsichtigen Müllsack, da hatte der Mörder anscheinend nicht recht gewusst, wo er eine Schnur hätte befestigen sollen. Gasperlmaier hatte sich so schnell abgewandt, dass er kaum Einzelheiten wahrgenommen hatte.

»Wann kommt denn jetzt endlich wer von der Gemeinde, der das verdammte Wasser abdreht!« Einer der Tatortmenschen trat auf die Frau Doktor zu, die versuchte, mit tiefen Atemzügen die Kontrolle über sich zurückzugewinnen. »Ich hab eh schon angerufen!«, verteidigte sich Gasperlmaier. Dass das aber wirklich so lange dauern musste. Einstweilen konnte die Tatortgruppe wenig ausrichten, denn das Salzwasser tröpfelte immer noch über die aufgehängten Schädel. Es hatte wohl auch alle Spuren längst zerstört, dachte Gasperlmaier bei sich. Der Kopf des Matthias, so viel hatte er erkannt, war schon stark verwest. Ob ihn der Täter aus dem Wasser geholt hatte? Wohl kaum. Wie hätte er ihn dort finden sollen? Er musste ihn anderswo versteckt haben, vielleicht vergraben. Der Kopf der Josefine war dagegen noch deutlich als der ihre zu erkennen gewesen.

Gasperlmaier bemühte sich, jeden Gedanken an den Anblick da drinnen zu vertreiben.



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