Leise stirbst du nie by Daniel Annechino

Leise stirbst du nie by Daniel Annechino

Autor:Daniel Annechino [Annechino, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 978-3-8437-0022-1
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-03-08T16:00:00+00:00


13 Weil Sami Angelina nicht stören wollte, die an diesem bewölkten Montagmorgen friedlich länger schlief als üblich, rief sie ihre Mutter an.

»Würde es dir etwas ausmachen, herzukommen, Ma?«

»Ist irgendwas mit deinem Auto?«

»Ich muss früh aufs Revier, und Angelina schläft noch.« Normalerweise würde Sami Angelina um acht zum Haus ihrer Mutter bringen und schnell noch eine Tasse Kaffee trinken, damit Josephine ihr nicht vorwerfen konnte, sie wäre wohl zu beschäftigt, um ein paar Minuten mit »ihrer einzigen, alten Mutter« zu verbringen. Dann würde sie sich durch den dichten Verkehr auf dem Freeway kämpfen, und wenn sie dort nicht stecken blieb, um neun auf dem Revier eintreffen.

An diesem Morgen fühlte sie sich nach einem überraschend erholsamen Nachtschlaf bemerkenswert energiegeladen. In Anbetracht der noch nicht lange zurückliegenden Ereignisse schien ihre gute Stimmung wie ein kleines Wunder. Sie machte sich keine Illusionen wegen des dringend benötigten Schlafs, machte Übermüdung und geistige Erschöpfung dafür verantwortlich.

Josephine Rizzo protestierte. »Du weißt, wie sehr ich Stoßverkehr hasse.«

»Du befindest dich doch nicht auf der anderen Seite des County. Es sind doch gerade mal zehn Minuten Fahrt.«

»Ich habe noch nicht gefrühstückt.«

»Dann frühstücke doch hier.«

»Was denn, diese grässlich süßen Pop-Tarts?«

Hätte ich doch bloß Angelina aufgeweckt! »Vergiss es, Ma. Ich bin in ein paar Minuten da.«

»Manchmal habe ich das Gefühl, du nutzt mich aus, Sami.«

»Und manchmal denke ich darüber nach, nach Tahiti auszuwandern.«

»Du bist ja gut drauf.«

»Warum muss es jedes Mal einen Streit mit dir geben?«

Stille.

»Bist du noch da, Ma?«

»Ich weiß nicht mehr, wozu eine Mutter noch da ist. Ich versuche zu helfen, und alles, was du tust, ist, mich anzuschreien.«

Josephine Rizzo wäre in der Lage, dem Papst Schuldgefühle einzureden wegen der Art, wie er die Messe las. »Es tut mir leid, Ma. Das hat nichts mit dir zu tun. Es liegt an mir. Ich denke, es ist einfach schwierig, mit Tommys Ermordung fertig zu werden. Und auf der Arbeit gibt es auch einen Haufen Ärger, und ich lasse es an dir aus.« Sami konnte es nicht fassen, dass sie sich entschuldigte. »Ich werde sie gleich bei dir vorbeibringen.«

Josephines Stimme klang triumphierend. »Ich erwarte euch.«

Sami ging auf Zehenspitzen in Angelinas Schlafzimmer und setzte sich auf ihr Bett. Sanft streichelte sie über ihr Haar, wollte sie nicht abrupt aufwecken. Was für ein schönes Kind.

Ihre ziemlich blumige Erklärung wegen Tommys Tod hatte sich nicht negativ auf Angelina ausgewirkt. Oder wenigstens schien es so. Als Sami es ihr vorsichtig verkündet hatte, kaute die Zweijährige auf ihrer Unterlippe, rieb sich die wässrigen Augen, aber vergoss keine Träne. Dass ihr Vater nun bei Gott im Himmel wohnte, hatte das Kind nicht verstört. Ihrer Meinung nach war er auf einer aufregenden Reise, und obwohl sie ihn nicht länger sehen oder hören konnte, so würde sie doch oft mit ihm sprechen und wusste, dass er sie hören würde.

Die Fröhlichkeit eines Kindes kann oft ein Segen sein, dachte Sami. Aber ein Erwachsener kann nicht so leicht Trost finden wie ein Kind. Zu gegebener Zeit würde Angelina sich mit beunruhigenden Fragen auseinandersetzen. Den Vater in so frühem Alter zu verlieren, würde nur ein Teil der Probleme sein, denen Angelina sich gegenübersehen würde.



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