Lehtolainen, Leena by Zeit zu sterben

Lehtolainen, Leena by Zeit zu sterben

Autor:Zeit zu sterben
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-03-29T11:53:28+00:00


«Säde, da fragt jemand nach dir!», rief eine Sopranistin von der Tür her.

Ich erwartete, eine Kollegin zu sehen, aber es war Kalle, der mit einer großen, weihnachtlich roten Lilie im Foyer stand.

«Ein schönes Konzert», sagte er und überreichte mir die Blume.

«Danke», stammelte ich verwirrt.

«Ist dir schlecht geworden?» Seine Stimme klang ehrlich besorgt.

«Das Stehen strengt an.»

Ich spürte die Blicke der anderen im Rücken. Kalle war ein gut aussehender Mann, was hatte er mit einem grauen Mäuschen wie mir zu schaffen?

«Ich kann dich nach Hause fahren. Meine Mutter konnte leider nicht mitkommen.»

«Danke, aber wir feiern gleich noch bei unserem Chorleiter.

Ich muss mich umziehen. Vielen Dank für die wunderschöne Blume!»

Diesmal war ich diejenige, die ihm einen Kuss auf die Wange drückte. Dann rettete ich mich vor der Neugier der anderen auf die Toilette.

Ganz entkam ich ihnen natürlich nicht. Das Verhör begann bereits in Lailas Auto.

«Wer war denn der gut gebaute Kerl?»

«Der Mann einer Nachbarin», antwortete ich gleichmütig, obwohl ich Lust hatte, mir mit der in Zellophan eingewickelten Lilie über die Wange zu streicheln.

«Der Mann von irgendeiner Nachbarin wird dir doch keine Blumen bringen. Im Übrigen habe ich die Frau Nachbarin nicht gesehen», frotzelte Laila. «Jetzt weiß ich auch, warum du eine neue Frisur und eine neue Brille hast und wieso du dich neuerdings schminkst …»

«Und abgenommen hast du auch», fuhr Terttu fort. «Heißt es nicht, Liebe macht schlank?»

Glaubt, was ihr wollt, dachte ich und weigerte mich, über Kalle zu reden.

Unsere Feier war bescheiden und harmlos, wie es sich für einen Gemeindechor ziemt. Zuerst aßen wir, was die Frau des Chorleiters gekocht hatte: karelischen Fleischtopf und Kartoffelpüree, ein traditionelles finnisches Gericht, gerade richtig für den Vorabend des Unabhängigkeitstags.

«War mein Solo so schlecht, dass dir schwindlig wurde?», fragte Timo Takala vom Tischende. Seine stechenden blauen Augen lächelten selbstgefällig. Ich wusste sehr wohl, welche Antwort er erwartete: Nein, dein Solo war so wundervoll, dass es mich umgeworfen hat.

«Nein, nein, es war ganz gut, nur ein bisschen zu hoch. Die Übelkeit hatte einen ganz anderen Grund.»

Timos Grinsen fiel in sich zusammen, der Chorleiter wechselte rasch das Thema. Laila, die auch nicht zu Timos Fanclub gehörte, stieß mich unter dem Tisch an. Ich konnte den Schubs nicht erwidern, denn es ging mir immer noch nicht besonders, ich brauchte meine ganze Konzentration, um das Püree herunterzuschlucken.

Nach dem Essen stand Sauna auf dem Programm, die Männer gingen natürlich zuerst. Ich half der Gastgeberin beim Ab-räumen und Spülen, ich brachte es einfach nicht fertig, zuzuschauen, wenn andere sich abmühten. Außerdem entkam ich so den üblichen Gesprächen über die musikalischen Hobbys der Kinder oder die ärgerlichsten Angewohnheiten der Ehemänner.

«Los, Mädels, die Sauna ist frei!», rief Timo Takala im Flur, als ich gerade die letzten Gabeln abtrocknete. Die Frauen suchten ihre Handtücher, die freisinnigeren holten sich außerdem eine Flasche Bier. Ich ging mit den Männern ins Wohnzimmer, wo die Nachrichten liefen, und hoffte, bald eine Mitfahrgelegenheit nach Hause zu finden.

«Säde, kommst du nicht mit in die Sauna?», erkundigte sich Laila.

«Diesmal nicht.»

«Hast du Angst um deine neue Frisur?» Timo Takala grinste boshaft, und für eine Sekunde glaubte ich, er hätte mich durchschaut.



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