Kreuzfahrer by Janitschek Maria
Autor:Janitschek, Maria
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00
Hinter den Trienter Bergen flammt das Rot auf und übergießt die Landschaft, die Felsen, Thäler und Seen mit Blutschein. Ein fernes Gewitterrollen dringt herüber. Kein Blatt bewegt sich. Einen Augenblick erdrückende Lautlosigkeit. Dieser Augenblick ist eine Ewigkeit innerer Erlebnisse für Gaetano. Er ist in die Kniee gebrochen, aus seinem fahlen Gesichte quellen die Augen hervor, seine Haare tropfen. Die Ahnung dessen, was er gethan, dämmert in ihm auf. Er hat getötet. Er hat seine Seligkeit für immer verscherzt. Er ist ein Verfluchter, ein Kain.
Er hat einen Unschuldigen ermordet. Einen, der von ihr geliebt wurde. Traf er sie nicht in ihm, da die sich lieben, eins sind? Vergoß er nicht ihr Blut mit dem seinen, ihrs, ihrs? Er wirft sich in den Staub der Straße.
Verfluchter, Verfluchter! –
Da hört er Stimmen hinter sich.
Um die Biegung des Weges, von oben her, kommen zwei Gestalten. Zwei hohe, schlanke Gestalten, eine Frau und ein Mann. Sie ist weiß gekleidet; blondes Haar fällt ihr über die Hüften; in ihren Händen wiegt sich ein Strauß hochstieliger Blüten. Der Mann an ihrer Seite ist bleich, doch gefaßt. ...
Gaetano starrt und starrt.
Dann rutscht er ihnen auf den Knieen entgegen:
»Heilige Margherita, bitte für mich! ich habe dich getötet, dich in ihm; eure heiligen Seelen kommen mir entgegen Rechenschaft zu fordern, heilige Margherita!«
Borromeo neigt sich forschend zu dem Stammelnden. »Der Schrecken hat ihn verwirrt, die Pferde scheinen ihn verletzt zu haben. Er blutet.«
Margherita zieht ihr weißes Tüchlein aus der Brust und reichte es ihrem Begleiter. Er faßt Gaetanos Hände.
»Komm zu dir, junger Freund, wir sind ja alle drei heil. Du wirst es auch bald sein. Es war kein Teufelsspuk, siehe, wir wollten nach Bozen hinab; an der ersten Wegbiegung scheuten die Pferde, wir stürzten aus dem Wagen, aber Gott hat uns beschützt. Also erhol dich!«
Der Jüngling, noch immer auf den Knieen, starrt beide an.
»Ich hätte euch nicht getötet? Ich wäre kein Mörder? ihr lebtet wirklich?«
Er betastet Margheritas weißen Kleidsaum.
Die Beiden sehen sich an.
»Es ist nur eine augenblickliche Verwirrung« flüstert Borromeo, und dann:
»Nein, du hast uns nicht getötet, Freund. Sieh, wir sind ganz heil, nur ihre Flechten haben sich gelöst.« Seine Blicke gleiten voll Liebe über die Jungfrau. »Selbst die Blumen, die sie der Madonna bringen will, sind unversehrt geblieben.«
»Heilige Margherita« schluchtzt der Knieende, und während die Thränen in siedender Fülle über seine Wangen stürzen, breitet er die Arme nach ihr empor. Da neigt sie sich von himmlischer Barmherzigkeit fortgerissen zu ihm nieder, umfaßt seinen Kopf und drückt ihre jungfräulichen Lippen auf seine Stirn. ...
Er ist gerettet.
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