Korona by Thiemeyer Thomas

Korona by Thiemeyer Thomas

Autor:Thiemeyer, Thomas [Thiemeyer, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-426-40838-4
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-06-17T22:00:00+00:00


Die Siedlung war wie ausgestorben. Keine Menschenseele war zu sehen. Weder Erwachsene noch Kinder. Keine Männer, keine Frauen, keine Alten, keine Jungen. Nicht mal Verwundete oder Leichen. Es war, als hätte ein gewaltiger Sturm sie alle gepackt und davongeweht. Auch Tiere fanden sie keine. Normalerweise waren in den Dörfern immer ein paar Ankolerinder, Ziegen und Hühner zu finden. Nicht so hier. Dafür brannte es überall. Es roch nach Schwefel und Pestilenz. Die Ställe und Hütten waren an vielen Stellen dem Erdboden gleichgemacht worden. Das Knacken der Brände und das Pfeifen des Windes waren die einzigen Geräusche.

»Was um alles in der Welt ist hier bloß passiert?«, flüsterte Wilcox. Seine Reisetasche umklammert haltend, sah er aus, als würde er am liebsten gleich wieder umkehren.

»Sieht aus, als hätten die Menschen die Siedlung Hals über Kopf verlassen«, sagte Richard. »Vielleicht sind sie in die Wälder geflohen.«

»Ohne ihre Habseligkeiten mitzunehmen?« Parker deutete auf eine Hütte, in der ein Webstuhl und etliche Ballen Wolle lagen. Ein Vermögen, bedachte man, welche Armut hier herrschte. »Wenn es ein Angriff der Rebellen gewesen wäre, hätten sie zumindest ein paar Lastkarren beladen, so viel Zeit ist immer.« Sein Gesichtsausdruck war düster. »Das ergibt alles keinen Sinn.«

Wenige Minuten später erreichten sie eine große Strickleiter, die nach oben führte. Richard blickte die Steilwand empor. Hoch über ihnen wüteten verheerende Brände. Immer wieder regneten brennende Stofffetzen oder Holzstücke über ihnen herab, so dass sie sich dicht an der Felswand halten mussten, um nicht getroffen zu werden.

Den ernsten Gesichtern der Soldaten war anzusehen, dass auch sie von der Situation überrascht worden waren. Keiner schien damit gerechnet zu haben, wirklich in den Kampf zu ziehen. Vorsichtig, die Waffen vor der Brust, kletterten sie die Strickleiter hinauf.

Je höher sie kamen, desto lauter wurde das Brausen der Flammen. Das Feuer hatte die hölzerne Umfriedung der Stadt erfasst. Das Haupttor stand sperrangelweit offen. Knackend und prasselnd fraß das Feuer an den mächtigen Torflügeln und den angrenzenden Wehrtürmen. Beißender Qualm stieg ihnen ins Gesicht. Richard wischte über seine tränenden Augen.

»Halt.« Der Offizier hob die Hand. »Wir haben ein Problem«, sagte er, als er zu ihnen herüberkam. »Die tragenden Teile der Stadt scheinen ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Ich kann nicht dafür garantieren, dass das Weitergehen ungefährlich ist.«

»Ich übernehme die Verantwortung«, antwortete Richard. »Ich muss herausfinden, was aus meinem Team geworden ist.«

Der Offizier nahm die Aussage mit einem knappen Nicken zur Kenntnis. »Da ist noch etwas anderes.«

»Was?«

Katumba hob die Nase. »Riechen Sie das?«

Richard schnupperte. Es stank nach Rauch, gewiss, aber darüber hinaus …?

Er erstarrte.

Plötzlich wusste er, wovon Katumba sprach.

Verbranntes Fleisch.

»Wir werden vermutlich auf Leichen stoßen. Sind Sie immer noch entschlossen mitzukommen?«

Richard schluckte seine Angst hinunter, dann reckte er das Kinn vor. »Mehr denn je.«



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