Konrad Adenauer by Werner Biermann
Autor:Werner Biermann [Biermann, Werner]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644100268
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Am Tag nach seiner Regierungserklärung fährt er in Begleitung einiger seiner Minister auf den Petersberg, wo hoch oben im Grandhotel die Hohen Kommissare der drei Westalliierten thronen, als zivile Nachfolger der Militärgouverneure. Es ist nicht nur ein höflicher Antrittsbesuch. Die drei Mächte haben schon vor längerer Zeit ein neues Besatzungsstatut erlassen, das seinerzeit auch dem Parlamentarischen Rat «zur Kenntnis» zugeleitet wurde. Für die Bundesrepublik Deutschland muss Adenauer es jetzt gegenzeichnen, damit es gilt. Diese Verordnung regelt, wie der Name sagt, den Status des neuen Staates als den eines weiterhin besetzten Landes. Scharf begrenzt sie die Befugnisse und Verantwortlichkeiten der neuen Regierung. Beispielsweise ist dem neuen Staat eine eigene Außenpolitik nicht erlaubt. Selbst die Gesetzgebung des Parlaments steht unter dem Vorbehalt alliierter Zustimmung.
Berühmt wird der Moment, in dem Adenauer, gegen die ausdrückliche Anordnung, den Teppich betritt, der nur den Hohen Kommissaren vorbehalten ist: Die Besatzer stehen auf dem Teppich, die Besetzten sollen davor stehen bleiben; ein kleines Ritual der Macht. Adenauers Füße auf dem Teppich gelten sofort als ein Zeichen seines Anspruchs auf Gleichberechtigung. Was aber soll ein gut erzogener Herr wie Konrad Adenauer, wenn ihm Monsieur André François-Poncet mit ausgestreckter Hand ein paar Schritte auf dem Teppich entgegenkommt, anderes machen, als ihm seinerseits ein paar Schritte entgegenzugehen? Und nachdem er nun einmal auf dem Teppich steht, geht er nicht mehr runter. Diese Schritte haben bei den Hohen Herren keinerlei Unmut ausgelöst, sind aber auf einem Foto festgehalten, das einen schönen Mythos begründet.
Viel wichtiger ist, dass an diesem Tag Adenauers entschlossene Auseinandersetzung mit den drei Mächten beginnt, die schon acht Wochen später, am 22. November 1949, zu einem vertraglichen Abschluss kommt, dem «Petersberger Abkommen». Es ist der erste winzige Schritt in Richtung Souveränität. Darin gestatten die drei Westmächte der Bundesrepublik, konsularische Beziehungen zu anderen Ländern aufzunehmen, auch Handelsbeziehungen, nicht aber die Einrichtung von deutschen Botschaften. Entscheidend ist, dass es Adenauer mit diesem Abkommen schafft, die Industriedemontagen zu stoppen, die im Herbst 1949 immer noch wie ein brutaler Kahlschlag in eine Wirtschaft geschlagen werden, die gerade eben anfangen könnte, sich ein bisschen zu erholen. Der alliierte Plan sieht in diesem Moment noch die Demontage von annähernd tausend Betrieben vor; sie ist Teil der Reparationszahlungen, die Deutschland auferlegt wurden. Adenauer kämpft um jede Fabrik, jede Werkhalle, buchstäblich um jede wertvolle Maschine. Durch das Abkommen, das er erzielt, wird der Kahlschlag der westdeutschen Industrie verhindert, Firmen wie Bayer, Thyssen, Krupp und Klöckner können weiterarbeiten.[2] In Berlin, d.h. in den drei Westsektoren, wird sogar jegliche Demontage eingestellt. Adenauer unterschreibt dafür unter anderem seine «ernste Entschlossenheit, die Entmilitarisierung des Bundesgebiets aufrechtzuerhalten» und «die Wiederaufstellung bewaffneter Streitkräfte jeder Art» zu verhindern.
Über einen anderen Punkt des Vertrags, den Beitritt der Bundesrepublik zur «Internationalen Ruhrbehörde», kommt es zwei Tage später zur ersten leidenschaftlich geführten Auseinandersetzung im neuen Bundestag. Diese Vertragsklausel bedeutet, dass der junge westdeutsche Staat die bestehende internationale Kontrolle über das Ruhrgebiet akzeptiert und sogar selbst der entsprechenden internationalen Behörde beitritt. Das «Ruhrstatut» haben die drei Westmächte, zusammen mit den Benelux-Ländern, im Frühjahr 1949 verabschiedet, um sich das Aufsichtsrecht über die westdeutsche Schwerindustrie zu sichern.
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