Keine schöne Leich' by Constanze Scheib

Keine schöne Leich' by Constanze Scheib

Autor:Constanze Scheib [Scheib, Constanze]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783311703679
Herausgeber: OKTOPUS by Kampa


20

Eine Leiche und ein Dackel

Die Colloredogasse lag nur zwei Straßen von der Villa der Gräfin Bárány entfernt. Das Haus des Ehepaars Kommerzialrat war aber nicht so eindrucksvoll, es gab weder einen Portier noch eine lange Auffahrt, außerdem war es sicher um ein Drittel kleiner. Dennoch war es hübsch anzusehen mit seinem zartroséfarbenen Anstrich, den verzierten Wandvorsprüngen über den hohen Fenstern und einem kleinen Balkon im ersten Stock. Die gnä’ Frau hatte sich für ein schlichtes dunkelblaues Kleid im Stil der fünfziger Jahre entschieden, ein dünner Ledergürtel betonte ihre Taille. Die Trauerfarbe Schwarz sollte erst zur Beerdigung getragen werden. Für dieses Mal hätte die Dame dann auch Garderobe, in die sie hineinpasste.

Als sie läuteten, ertönte wütendes Dackelgebell, und Frau Ehrenstein war froh, dass sie diesmal geschlossene Schuhe trug. Sie wurden zur Frau Kommerzialrat ins Arbeitszimmer geführt. Die kleine Frau saß am Schreibtisch und schien unter einem Haufen Papiere zu verschwinden. Nur ihre gefärbten, toupierten Haare waren auf den ersten Blick zu sehen. Der Dackel trappelte mit seinen kurzen Beinchen auf die Eindringlinge zu, wurde aber von seinem Frauerl rechtzeitig zurückgerufen.

»Es ist unfassbar! Könnt ihr euch das vorstellen? Er hat nichts vorbereitet gehabt! Als ob er davon ausgegangen ist, ewig zu leben! Alles muss ich zusammensuchen!«

»Hach, du Arme, du Arme! Kann dir denn keiner helfen? Wo sind denn die Kinder?« Frau Ehrensteins Mutter umrundete den Papierberg und drückte der Frau Kommerzialrat Bussis auf jede Wange.

»Die müssen erst aus Berlin anreisen, stell dir vor! Frühestens am späten Nachmittag sind die da! Meiner Seel, was für ein Chaos!«

Die dunklen Nussholzregale und der braune Teppichboden ließen den Raum finster und wenig einladend erscheinen. Die Bücher waren Fachliteratur über Recht und Buchhaltung, ansonsten gab es viele Ordner, auf denen bloß Zahlen geschrieben standen. Über der Tür tickte eine große eckige Uhr an der Wand. Der einzige Gegenstand, der hier nicht als nützlich angesehen werden konnte, war ein Gemälde, das hinter dem Schreibtisch hing. Es war ein Mann in einer altertümlichen Uniform mit einem Säbel in der Hand, der entfernt Ähnlichkeit mit dem Herrn Kommerzialrat hatte.

»Mein Beileid, liebe Frau Kommerzialrat!«, sagte Frau Ehrenstein. »Ich bedauere aufrichtig Ihren Verlust! Vielleicht kann ich Ihnen ja ein wenig zur Hand gehen. Ich helfe meinem Mann oft mit dem Papierkram, er ist halt auch ein rechter Schussel!«

Das war natürlich eine haarsträubende Lüge. Es gab kaum einen pingeligeren Menschen als Oskar, und wenn es im Hause Ehrenstein jemanden gab, der Chaos verursachte, dann war das Frau Ehrenstein. Nie würde Oskar sie in die Nähe seiner Unterlagen lassen, viel zu sehr müsste er befürchten, dass sie etwas durcheinanderbrachte.

Doch das wusste die Frau Kommerzialrat natürlich nicht, und wenn Frau Ehrensteins Mutter es wusste, ließ sie es sich nicht anmerken. Die gnä’ Frau brauchte einen Vorwand, um in den Unterlagen des Herrn Kommerzialrat herumzuwühlen.

»Helene, das ist wirklich freundlich von dir! Deine Mutter hat schon recht, du bist im Herzen eine Gute, auch wenn du dich manchmal aufführst wie eine … Na ja, red ma nicht drüber! Meine Güte, es ist eine Schande, euch so zu



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