Kein Grappa by Claudio Paglieri

Kein Grappa by Claudio Paglieri

Autor:Claudio Paglieri [Paglieri, Claudio]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-02-05T05:00:00+00:00


Kapitel 43

Maria Antonietta & Calabrò

Am Montagmorgen um halb acht brach Maria Antonietta von der Wohnung auf, um die Kinder wegzubringen. Elisabetta klagte, weil sie am Nachmittag Karate hatte und nicht hinwollte, sie hasste Karate und bettelte die ganze Zeit, die Mutter solle sie früher abholen. Emanuele quengelte, weil ihn ein anderer Junge im Kindergarten verhaute und er deshalb nicht hinwollte. Er sagte immer wieder: »Wir wollen bei dir bleiben, Mama, wir wollen bei dir bleiben.« Sie hatten nie Zicken gemacht, wenn sie zur Schule mussten, aber seit Gianni weg war, war alles anders. Offensichtlich fürchteten die Kinder unbewusst, dass auch sie sie verlassen könnte, und jeden Morgen wurde es schwieriger, sie von sich loszueisen.

»Die Mama muss heute viel erledigen, Kinder. Aber ich komme euch bald abholen, so früh wie möglich.«

»Das stimmt nicht, dass du viel zu tun hast. Was hast du denn zu tun?«

»Das ist meine Sache, was ich zu tun habe.«

Sie war harsch gewesen und bereute es sofort wieder. Aber darin hatte Gianni vielleicht recht, wir müssen unseren Kindern keineswegs alles erklären und sie bei jeder Kleinigkeit um Erlaubnis bitten. Ihre Eltern hatten das, als sie klein war, auch nicht getan.

»Wenn ich krank wäre, würdest du mich zu Hause behalten.«

»Du bist aber nicht krank.«

»Ach nein? Fühl mal. Ich bin heiß. He? Ich glühe.«

»Schluss jetzt! Ich will kein Wort mehr hören!«, schrie sie. Betta zog eine Schnute, dann begann sie zu heulen. Der Bruder tat es ihr fast augenblicklich nach, und Mary kniete sich auf den Boden, hielt sie beide im Arm und wartete, bis sie sich ausgeweint hatten.

»Ich bin müde, Kinder, ich bin alleine«, sagte sie nach einer Weile. »Ihr müsst jetzt groß und stark sein und mir helfen, bis Papa zurückkommt. Einverstanden?«

Die Kinder nickten, und nachdem sie Tränen getrocknet und Nasen geputzt hatte, gelang es ihr endlich, sie aus dem Haus zu schaffen. Sie nahm die Autoschlüssel aus dem Briefkasten und fand den Wagen auf dem gewohnten Platz, etwa zwanzig Meter vom Hauseingang entfernt. Sie setzte erst Betta, dann Lele ab, dann fuhr sie ohne Hast Richtung Westen. Sie musste einmal ein bisschen für sich sein, und die Kinder mussten ihr gewohntes Leben weiterführen, als ob sich nichts geändert hätte. Ihre Cousine hatte ihr gesagt, das Studio dieser Frau sei in Valpolcevera, gleich hinter dem IKEA. Sie glaubte diesen Leuten, die Karten oder Kaffeesatz lasen, kein Wort, aber auch ihre Cousine hatte nie daran geglaubt und ihre Meinung komplett geändert. »Das ist ja keine Magierin oder so was in der Art«, hatte sie gesagt, »die hat einen Uniabschluss in Psychologie, und erst vor wenigen Jahren hat sie gemerkt, dass sie diese Gabe hat. Sie verlangt nicht einmal Geld, nur eine freiwillige Spende.« Maria Antonietta war skeptisch, aber am Ende hatte sie sich gesagt, dass es ihr nicht schaden könne, im schlimmsten Fall würde sie sich Erleichterung verschaffen, indem sie jemandem, den sie nie wiedersehen würde, ihre persönlichen Probleme anvertraute. Aber vorher musste sie diese verfluchte Straße finden. Nachdem sie drei Mal die blaue Halle umrundet und zwei Passanten vergeblich nach dem Weg gefragt hatte, fiel ihr das TomTom im Handschuhfach ein.



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