Katzenjammer by Frauke Scheunemann

Katzenjammer by Frauke Scheunemann

Autor:Frauke Scheunemann
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2011-03-09T23:00:00+00:00


VIERZEHN

Herkules, das ist der Lauf der Dinge. Hunde sterben, Menschen sterben. Ja, sogar Katzen treten irgendwann ab.«

Falls Herr Beck versucht, mich mit diesen halbgaren Überlegungen zur Vergänglichkeit alles Irdischen zu trösten: So klappt das nicht! Wir liegen unter Ninas Tisch im Wohnzimmer, hier hat mich Caro geparkt, weil sie auf einen Termin musste. Auch so ein Ding. Mir geht es schlecht, und sie schiebt mich einfach ab. Heute ist ein furchtbarer Tag. Draußen regnet es schon wieder in Strömen, und hier drinnen ist mir zum Heulen zumute.

»Aber warum hat mir das niemand erzählt?«

Herr Beck starrt mich an. »Ja, um Gottes willen, wer hätte dir das denn erzählen sollen?«

»Na, Marc zum Beispiel. Der wusste es bestimmt. Er ist schließlich Tierarzt auf dem Schloss!«

»Herkules, ich sage es dir wirklich nur ungern, aber: Du bist nur ein Hund. Kein Mensch käme jemals auf die Idee, dass diese Information für dich wichtig sein könnte.«

»Bitte? Es war immerhin mein Opili!«

»Richtig. Aber für Marc war Opili garantiert nur ein alter Dackel. Und damit hat er aus Menschensicht auch nicht ganz Unrecht.«

Ich lege meinen Kopf auf die Schnauze und schweige. Bin ich vielleicht beleidigt? Nein. Ich bin traurig. Und gekränkt. Ich lebe offensichtlich mit Leuten zusammen, die sich nicht im Geringsten um mein Gefühlsleben scheren. Eine erschreckende Erkenntnis. Wieso bloß mache ich mir dann umgekehrt so viele Gedanken um sie? Um ihre Krisen, Sorgen und Nöte? Das lasse ich demnächst doch einfach. Jeder ist sich selbst der Nächste. Schon wahr. Und nicht nur der nächste Mensch. In Zukunft gilt das auch für Dackel.

Herr Beck holt tief Luft. »Sieh es doch mal so: Dein Opili war wahrscheinlich schon ganz schön alt. Möglicherweise auch krank, das geht ja oft Hand in Hand. Und vielleicht hatte er am Ende auch gar keine Lust mehr auf sein Hundeleben. Könnte doch sein.«

Ich schüttele entschieden den Kopf.

»Man merkt, dass du Opili nicht kennst. Er war total fit. Ein Klassehund. Immer gut drauf und voller Ideen. Lustlos? Das Wort gab es für ihn gar nicht.«

»Mein lieber Herkules, abgesehen davon, dass niemand immer gut drauf ist, und sei er noch so jung, muss ich dir leider sagen, dass das Älterwerden nicht immer das reine Vergnügen ist. Ich merke es doch an mir selbst. Was war ich früher für ein tollkühner Kater. Und heute? Liege ich gerne mal den ganzen Tag bei Nina auf dem Fensterbrett und lausche andächtig, wenn sie wieder ein paar arme Verwirrte vor dem Wahnsinn rettet. Herkules, glaube mir, das ist nix, wenn man alt wird. Du wirst es schon noch sehen.«

Jetzt bin ich ernsthaft besorgt. Will mir Herr Beck damit etwa sagen, dass er keine Lust mehr hat, mit mir durch die Welt zu streifen? Opili ist die eine Sache – aber wenn Beck nun auch schwächeln sollte … Der ist doch noch gar nicht so alt, oder? Was würde ich bloß ohne ihn machen?

»Geht es dir nicht gut?«, will ich von Herrn Beck wissen.

»Doch, es geht mir gut. Aber ich bin nicht mehr der Jüngste. Ich renne nicht mehr jeder dummen Maus hinterher.



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