Katzen-Märchen by Barbara Stamer

Katzen-Märchen by Barbara Stamer

Autor:Barbara Stamer [Stamer, Barbara]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Königsfurt-Urania
veröffentlicht: 2015-11-23T16:00:00+00:00


Die Katzenlinde

Zwischen Huysse und Auweghem steht eine uralte Linde, die in der ganzen Gegend unter jung und alt nur unter dem Namen Katzenlinde bekannt ist. Einem Bauern aus Auweghem begegnete daselbst folgendes: Er hatte sich nach langem Arbeiten an einem heißen Sommertag abends neben die Linde gesetzt, um ein wenig auszuruhen. Langsam fiel er in Schlaf, und daraus wurde er erst tief in der Nacht durch süße Laute geweckt, die ihm aus der Luft zu kommen schienen. Er rieb sich die Augen und sah einmal nach oben, und da bemerkte er denn zu seinem großen Erstaunen, daß die Linde von Katzen wimmelte, und erkannte zugleich, daß diese es waren, die jene liebliche Musik machten. Erschrocken wollte er auf und davon eilen, aber das ganze Feld war mit Katzen bedeckt, von denen einige Teig bereiteten, andere Kuchen backten und wieder andere, in weiten Kreisen umtanzend, die Kuchen lustig verzehrten. Während der Bauersmann noch verwundert auf all das sonderliche Getreibe hinstarrte, kam ein artig weiß Kätzchen auf ihn zu und frage ihn mit sanfter Stimme: »Bäuerlein, möchtet Ihr nicht ein Küchelchen mitknappeln?«

Der Bauer dankte höflich dreimal, da das Kätzchen ihn aber so sehr nötigte, nahm er es endlich an. Man brachte ihm bald einen mit Kuchen hochbeladenen Teller, und er machte, nach löblichem christlichen Brauch, sein Kreuzchen, doch im selben Augenblick waren all die Katzen verschwunden und jammerten und miauten greulich auf ihrem Abzug durch die Luft: der Bauer aber fand sich auf der Spitze des Baumes wieder. Er kletterte schnell herunter und eilte dem Dorf zu; als er auf der Schwelle seines Hauses stand, da schlug die Kirchenuhr eins. Er erzählte seiner um ihn in Sorgen wachenden Frau den wunderbaren Vorfall, stand am folgenden Tage nicht vom Bette auf und starb am Morgen des dritten Tages.

Einige sagen, der Mann habe nach dem ersten Bisse in einen der Kuchen in Gottes Namen um ein wenig Salz gebeten, worauf die Katzen verschwunden wären.

[Deutsche Sage]



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