Kate Ivory - 12 - Ruhe sanft in Oxford by Stallwood Veronica

Autor:Stallwood, Veronica [Veronica, Stallwood]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-16T05:00:00+00:00

»Ja, das hast du.«

»Gut, ich habe nämlich in der übernächsten Woche ein Vorstellungsgespräch bei einem Unternehmen, von dem ich sehr angetan bin.«

»Das klingt vielversprechend – bis auf die Tatsache, dass ich ein ›Aber‹ heraushöre.«

»Eigentlich ist es kein ›Aber‹. Für mich persönlich ist es sogar eher ein Pluspunkt. Ich hoffe nur, dass du es ebenso siehst.«

»Was denn? Nun spann mich doch nicht so auf die Folter!« Kate trank einen großen Schluck Wein, um sich auf das Kommende vorzubereiten.

»Die Firma hat ihren Sitz unmittelbar vor den Toren von Oxford. Natürlich könnte ich eine Zeit lang pendeln, aber irgendwann würde ich dann gern auch umziehen. Wie findest du die Idee?«

Kate wusste, dass er eine schnelle und positive Antwort erwartete, aber im Augenblick wusste sie nicht, wie sie reagieren sollte. Und ihr Schweigen sprach für sich.

»Kate?«

»Entschuldige, Jon. Das war jetzt wirklich eine Überraschung.« Beide wussten, dass sie beinahe »Schock« anstatt »Überraschung« gesagt hätte.

»Ich hatte gehofft, du würdest dich freuen. Es würde bedeuten, dass wir uns öfter sehen können und nicht immer so früh aufstehen und uns vor Tau und Tag wieder trennen.«

»Aber natürlich freue ich mich.« Sie legte in ihre Stimme so viel Begeisterung, wie sie zustande brachte. Schließlich freute sie sich tatsächlich, oder?

»Ich hatte gar nicht vor, gleich zusammenzuziehen«, sagte Jon. »Wir könnten es langsam angehen lassen und sehen, wie es läuft.«

»Sicher. Allerdings muss ich dich warnen: Schriftsteller geben keine besonders guten Partner ab. Ich ziehe mich manchmal monatelang in meine eigene Welt zurück, oder sitze tagelang einfach nur da und starre aus dem Fenster.«

»Ich weiß. Das ist mir längst aufgefallen. Außerdem fühlst du dich in deiner eigenen Gesellschaft absolut wohl – ich nehme an, du teilst sie mit vielen selbst erschaffenen, schillernden Charakteren, denen kein Sterblicher das Wasser reichen kann.«

»Ich brauche die Gesellschaft anderer Leute und bin durchaus keine Einzelgängerin.«

»Aber du brauchst auch Zeit für dich, und das akzeptiere ich. Ich verstehe dich, Kate. Ganz ehrlich. Und ich kann mich anpassen. Ich liebe dich, wie du bist – und ich kenne dich inzwischen ganz gut.«

Kate stutzte bei dem Wort »liebe«, das in ihren Gesprächen nicht sehr häufig gebraucht wurde. »Du bist ein wunderbarer Mann«, sagte sie. »Und ich bin sehr glücklich.«

Später jedoch grübelte sie darüber nach, ob er tatsächlich auf das tägliche Leben mit ihr vorbereitet war. Würde er sich nicht über sie ärgern, wenn sie auf eine zum fünften Mal gestellte Frage noch immer nicht antwortete, oder wenn sie bis drei Uhr morgens vor dem Computer saß, weil sie unbedingt noch ein Kapitel fertig schreiben musste? Oder wenn sie für ein paar Tage einfach verschwand, weil sie den Handlungsort einer bestimmten Szene sehen oder irgendeine Kleinigkeit in einer weit entfernten Bibliothek nachschlagen wollte? Manchmal war sie so sehr in die Arbeit vertieft, dass sie sich tagelang zu kämmen vergaß. Und dabei verdiente sie noch nicht einmal so viel mit dem Schreiben, dass sie sagen könnte, der Einsatz wäre es wert.

Ihr wurde klar, dass die Zukunft sie nur deshalb so nervös machte, weil die Beziehung mit Jon ihr so wichtig war, dass sie sie auf keinen Fall aufs Spiel setzen wollte.

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