Kate & Luna 02 - London Calling by Marschall Anja

Autor:Marschall, Anja [Marschall, Anja]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3940258335
veröffentlicht: 2019-05-29T16:00:00+00:00

zweiunddreißig

DS Grant saß in seinem Büro, das bis vor wenigen Tagen noch als Abstellkammer gedient hatte. Nun beherbergte es neben Besen, Eimern, Putzmitteln und alten Aktenordnern auch einen Schreibtisch nebst Stuhl und einen roten Papierkorb. Einen Computer konnte man leider nicht anschließen, auch die Buchse für den Telefonanschluss fehlte, doch Kelly hatte ihm alle nötigen Geräte im Haus organisiert und sie ihm mit dem Hinweis auf den Tisch gestellt, er könne das hausinterne WLAN und ein schnurloses Telefon nutzen, dessen Ladestation in ihrem Büro stand.

Also versuchte Grant, das Beste aus der Situation zu machen. Er nahm den Laptop auf den Schoß, legte die Füße auf den Tisch und lehnte den Rücken gegen einige Pakete Papierhandtücher. Dann ging er die Berichte zum Fall Bradshaw durch. Die beiden Frauen auf dem Boot waren sein einziges Ass im Ärmel, wenn es darum ging nachzuweisen, dass DCI Haddock sich nicht an die Regeln anständiger Polizeiarbeit hielt, ja vielleicht sogar bestechlich war. Natürlich musste er zugeben, dass auch er sich nicht an die ordnungsgemäße Vorgehensweise hielt, schließlich hätte er Luna Loveway verhaften müssen. Aber irgendetwas sagte ihm, dass genau das ein Fehler wäre.

Sein Zweithandy klingelte in seiner Jackentasche. Es diente ausschließlich dazu, mit den beiden Frauen in Kontakt zu bleiben.

Grant stellte den Laptop auf dem Tisch ab und meldete sich: „Ja?“

Es war die Vernünftigere von beiden, Kate Cole. Er lächelte. Wenn das alles vorbei war, würde er sie auf einen Drink einladen. Er hoffte, dass sie Ja sagen würde.

„Ann-Mildred White ist verschwunden? Verstehe. Mal sehen, ob sie Familie hat.“ Mit einer Hand tippte er den Namen in HOLMES ein, das polizeiinterne Datenbankprogramm. Während er auf die Antwort des Programms wartete, überlegte er, was er Kate fragen könnte. „Wie geht es Ihnen, Miss Cole? Tut mir leid, dass ich vorhin so kurz angebunden war, aber die Sache mit meinem Ausweis ...“

Er erhielt keine Antwort. Was sollte die Frau auch sagen? Sie machte sich sicherlich Sorgen, weil sie bald auf der Fahndungsliste stehen würde, sowie er die Aussagen des Taxifahrers richtigstellte. Doch er musste das tun. Er hatte den Bogen schon zu weit überspannt. Wenn jemand dahinterkam, dass er absichtlich eine Zeugenaussage falsch protokolliert hatte, und das nur aufgrund des Gefühls, die mutmaßliche Mörderin sei gar keine, dann wäre im Yard die Hölle los. Sein Job, sein Gehalt, sein Leben, alles wäre dahin. Ihm wurde schwindelig. In dem Moment erschien ein kleines Fenster auf dem Bildschirm.

„Waise. Keine Familie“, las er.

Plötzlich wurde ohne Klopfen die Tür zu seinem Büro aufgerissen und Jenkins stand im Türrahmen. „Der Chef will Sie sehen.“

Schnell drehte Grant den Laptop so, dass Jenkins nicht den Bildschirm, sondern nur die Rückseite sehen konnte. Dann zeigte er auf sein Handy.

Doch Jenkins ließ sich nicht abwimmeln. „Jetzt!“, forderte er. Sein genüssliches Grinsen ließ Grant nichts Gutes vermuten.

„Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe, Mrs Henderson. Wir werden der Sache nachgehen.“ Grant drückte auf die rote Taste und ließ das Handy in seine Jackentasche gleiten. Dann schloss er HOLMES, meldete sich aus dem polizeiinternen Netzwerk ab und erhob sich langsam.

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