Kassandras Schleier · Das Drama der hochbegabten Frau by Schmidbauer Wolfgang

Kassandras Schleier · Das Drama der hochbegabten Frau by Schmidbauer Wolfgang

Autor:Schmidbauer, Wolfgang [Schmidbauer, Wolfgang]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
ISBN: 9783280055069
Herausgeber: Orell Füssli Verlag
veröffentlicht: 2013-12-15T00:00:00+00:00


Sei wie das Veilchen im Moose,

bescheiden, sittsam und rein,

nicht wie die stolze Rose,

die stets nur bewundert will sein!44

»Stolz« mit dem Wunsch nach Bewunderung zu verknüpfen ist psychologisch falsch. Unsere exhibitionistischen Wünsche sind naiv und wurzeln fest in kindlichen Bedürfnissen. Bewundert werden wollen wir alle, es sei denn, wir versprechen uns von der Verleugnung dieses Wunsches, der sogenannten Bescheidenheit, mehr und nachhaltigere Bewunderung.

Stolz hingegen ist ein narzisstischer Abwehrmechanismus, der die exhibitionistischen Bedürfnisse kontrolliert. Die Veilchen im Moose sind in der Regel auf ihre Bescheidenheit sehr viel stolzer als die stachlige Rose, die ehrlich zugibt, dass sie gesehen, beachtet und bewundert werden will.

Stolz macht stur, dumm und berechenbar. Ein von Stolz beherrschter Mensch lässt sich leichter manipulieren. Daher ist Stolz auch ein so beliebtes gesellschaftliches Regulativ und genießt in vielen Situationen höheres Ansehen als die Intelligenz.

Die Hemmungen des Exhibitionismus bei den Hochbegabten beruhen auf den bereits untersuchten paranoiden Mechanismen: Die Hochbegabten durchschauen fremde Geltungssucht mit Verachtung und fürchten – sobald sie selbst nach Geltung suchen – dieselbe Verachtung von Seiten unfreundlicher Zuschauer. Es gelingt ihnen nicht, exhibitionistische Szenen zu versachlichen, etwa nach dem Motto: Einer muss ja nach vorne und predigen, heute ist das eben meine Aufgabe.

Die traumatisierte Hochbegabte kann den Gedanken nicht ertragen, sich zu zeigen, weil sie fürchtet, dann wieder beschämt zu werden. Angesichts einer Aufgabe, welche die Integration exhibitionistischer Wünsche in das normale Leistungsverhalten verlangt, empfindet sie Abscheu oder Angst: Abscheu, wenn sie beobachtet, wie sich andere in ihrer Unvollkommenheit zur Schau stellen, Angst, wenn sie das selbst tun soll.



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