Kapuzenmann by Klaus-Peter Wolf

Kapuzenmann by Klaus-Peter Wolf

Autor:Klaus-Peter Wolf
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi-Thriller, Deutschland
ISBN: 978-3442421435
Herausgeber: LBOOK
veröffentlicht: 1993-01-01T05:00:00+00:00


11

Er saß, eingeklemmt zwischen Toilette und Wand, auf den Badezimmerfliesen. Er war nackt und fror.

Eine unangenehme Stimme störte ihn.

»So ist das heutzutage! Niemand hält diese Verbrecher auf. Die meinen, sie dürften alles. Randalieren. Autos zerdeppern. Leute verhauen. Glauben Sie nicht, daß die Polizei eingreift, O nein! Die halten schützend die Hände über unsere lieben Kleinen. Ja, ja. Diese Gesellschaft hat Monster großgezogen. Monster in Designer-T-Shirts und Jeans. Sadistisch. Brutal. Verantwortungslos…«

Bin ich das?

Mit wem telefoniere ich ? Himmel, wer ist am andere Ende ? Pokerface? Horst?

Während sein Mund ohne Unterbrechung weitere Haßtiraden ausspuckte, untersuchten seine Augen den Raum. Das Telefon stand auf dem Toilettendeckel. Die Schnur kam unter der Badezimmertür hervor und führte quer durch den Raum zur Toilette. Zweimal um seinen rechten Fuß lag die Schnur verwickelt, als hätte er versucht, sich den Fuß abzubinden. Die Schwellung am Knie war zurückgegangen. Es schimmerte jetzt blau, gelb und grün.

»Wenn nicht bald hart durchgegriffen wird, legen die ganze Stadtteile in Schutt und Asche. Man kann doch gar nicht mehr unbewaffnet aus dem Haus gehen …«

Bin ich das wirklich ? Wie kann das sein? Mein Gott, warum rede ich so einen Mist zusammen? Ich habe nie öffentlich Law-and-order-Parolen vertreten. Ich höre mich ja an wie der rechtsradikale Gründer einer Bürgerwehr.

Wen habe ich bloß am Telefon? Hoffentlich nicht Pokerface. Oder gar Matzkowski? Nein. Den Oberstaatsanwalt bestimmt nicht. Dessen Nummer hätte ich erst aus dem Telefonbuch Oder habe ich einfach im Büro angerufen?

Kälte. Angst. Überforderung. Er begann zu zittern. Ich muß weiterreden. Einfach weiterreden‚ bis der Typ etwas sagt. Ich muß rausfinden, mit wem ich gesprochen habe.

Wenn ich es nicht herauskriege, kann ich niemandem mehr unter die Augen treten. Ich verlasse das Haus nicht mehr. Nicht einen Schritt, wenn ich nicht…

Und was soll ich sagen? Was?

Schweigen. Einfach schweigen. Dann muß der andere reden.

Aber Stefan Siebergs Lippen gehorchten nicht. Er hörte sich weiterhetzen.

»Die Strafen sind heutzutage einfach zu lasch. Sanfter Strafvollzug. Resozialisierung. Helfen statt strafen. Da lachen die drüber. Schweine sind das! Primitive, gemeine Schweine.«

Leg auf, Stefan! Leg auf! Wer weiß, was du gleich noch sagst. Du machst alles nur noch schlimmer. Leg einfach auf. Erst mußt du deinen Mund wieder unter Kontrolle bringen. Du weißt ja nicht mehr, was du sagst.

Du wirst schon rausfinden, wen du da am Apparat hattest. Irgendwer wird dich darauf ansprechen, nur beende jetzt diese Peinlichkeit.

Stefan Sieberg versuchte, den Telefonhörer auf die Gabel zu drücken. Doch die linke Hand hielt ihn zitternd wieder an seine Lippen. Mit der Rechten packte er zu und brach den Widerstand der Linken. Er knallte den Hörer auf die Gabel und fegte das Telefon vom Klodeckel auf den Boden. Es schepperte über die Fliesen. Der Hörer lag daneben. Das fordernde Tut-tut-tut nervte Stefan. Aber es erschien ihm fast unmöglich, aufzustehen.

Die Rippen!

Die gebrochenen Rippen erstickten jeden Versuch in einem Schmerzensinferno. Er zog das rechte Bein näher an den Körper und angelte so das Telefon heran. Er wählte die Nummer von Horst Muffhardt. Seinem vielleicht letzten Freund.

Diesmal brauchte er keine langen Erklärungen. Seine Stimme allein genügte, um Doktor Muffhardt zu überzeugen.



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