Kann ich Pflaster für mein Handy, Frau Steinbeck. Als Schulsekretärin pausenlos im Einsatz by Frau Steinbeck

Kann ich Pflaster für mein Handy, Frau Steinbeck. Als Schulsekretärin pausenlos im Einsatz by Frau Steinbeck

Autor:Frau Steinbeck [Steinbeck, Frau]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104033662
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-02-03T16:00:00+00:00


Melitta hat sich wieder beruhigt. Sie lächelt. »Meine Vorgängerin, Frau Hagen, war eine graue Eminenz, ein furchtbarer Drache in grauenvollen Oma-Blusen«, erzählt sie, »so, wie die Imthor von der Hesse-Schule.« Den Liebreiz einer Großmutter habe sie allerdings ganz und gar nicht ausgestrahlt. »Während sie mich einarbeitete, kam hier kein Kind freiwillig rein. Weil sie jeden nur angeschnauzt und vorgeführt hat.« Sie zeigt auf das große Bonbon-Glas auf der rechten Seite des Tresens. »Das habe ich in meiner ersten Minute der Alleinherrschaft genau an diesen Platz gestellt, um die Kinder anzulocken, genau in dem Moment, als die herrische Hagen durch diese Tür da vorne ging.«

Ich muss an das Märchen von »Hänsel und Gretel« denken. Und ewig lockt die Nascherei! Ja, Melitta muss die Kinder wirklich zum Fressen gern haben. Fakt ist: Sie füllt das Glas mindestens zweimal pro Woche auf und kurbelt damit kräftig die Süßwaren-Wirtschaft an. Sein Stammplatz ist übrigens gut gewählt. Kinder sehen das Glas bereits, wenn die Sekretariatstür nur einen Spalt geöffnet ist, besonders, wenn es mit rot leuchtenden Bonbons gefüllt ist.

»Ich kann nicht nachvollziehen, wie sie in einem Schulsekretariat arbeiten und gleichzeitig Kinder nicht leiden konnte.« Ich nicke. »Wie in der freien Wirtschaft geht es hier im Grunde doch um Angebot und Nachfrage. Ohne diese Kinder hätte sie den Job nicht gehabt. Ich nicht nach ihr und du jetzt nicht. Die Kinder sind der Grund, warum wir hier sind.«

Ich habe inzwischen viel von Melitta gelernt. Sie sieht es vor allem als ihre Berufung an, im Sekretariat gute Laune zu verbreiten. Sie ist Dienstleisterin im besten Sinne – auch der guten Laune. Bei mir wirkt das. Jeden Tag. Ich schaue auf die Uhr. Es ist kurz vor vier. Zeit für den gewerkschaftlich verordneten Feierabend, Zeit sich aus dem Staub zu machen. Genauer gesagt zu den Maggis. Melitta und ihr Mann haben mich auf ein Stück selbstgebackene Himbeertorte eingeladen. Als Appetizer nehme ich mir einen Drops aus dem Glas auf dem Tresen. »Gib Gas«, rufe ich Melitta zu. »Heute wird es Torte geben!«



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