Kakerlaken by Jo Nesbo

Kakerlaken by Jo Nesbo

Autor:Jo Nesbo
Die sprache: eng
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-01-22T10:51:05+00:00


KAPITEL 29

Harry wachte vom Wasser auf, holte automatisch Luft und wurde im nächsten Augenblick unter Wasser gedrückt. Er setzte sich zur Wehr, doch es nützte nichts. Das Wasser verstärkte das metallische Klicken eines Schlosses und der Arm, der ihn festgehalten hatte, verschwand plötzlich. Er öffnete die Augen, alles um ihn herum war türkisblau und unter sich erkannte er die Fliesen des Pools. Er trat mit den Beinen, doch ein Rucken am Handgelenk erzählte ihm, was ihm sein Hirn gegen all sein Leugnen bereits zu erklären versucht hatte. Dass er ertrinken würde.

Dass Woo ihn mit seinen eigenen Handschellen an den Abfluss am Boden des Pools gekettet hatte.

Er blickte nach oben. Der Mond schien durch einen Filter aus Wasser auf ihn herab. Er streckte den freien Arm nach oben aus dem Wasser.

Verflucht, das Becken war hier nur einen Meter tief! Harry zog die Beine unter sich und versuchte sich zu erheben, er drückte mit all seiner Kraft und die Handschellen schnitten sich in seinen Daumen, doch es fehlten noch immer zwanzig Zentimeter, bis sein Mund die Wasseroberfläche erreichte. Er registrierte, dass sich der Schatten oben am Becken entfernte. Verflucht! Nur keine Panik, dachte er, Panik ver-braucht eine Unmenge Sauerstoff.

Er ließ sich zu Boden sinken und untersuchte das Abflussgitter mit den Fingern. Es war aus Stahl und saß bombenfest, selbst wenn er mit beiden Armen riss und zerrte, lockerte es sich nicht.

Wie lange konnte er die Luft anhalten? Eine Minute? Zwei?

Seine Muskeln schmerzten bereits, er spürte ein Knacken in seinen Schläfen und rote Sterne tanzten vor seinen Augen.

Erneut versuchte er, sich loszureißen, wohl wissend, dass die physische Anstrengung den Sauerstoff nur noch rascher aufzehr-te. Sein Mund war trocken vor Angst, sein Hirn sandte Bilder, von denen er wusste, dass es Halluzinationen waren, zu wenig Brennstoff, zu wenig Wasser. Ein absurder Gedanke kam ihm –

wenn er so viel trank, wie er konnte, würde der Wasserspiegel vielleicht so weit sinken, dass er den Kopf über die Oberfläche brachte? Er schlug mit der freien Hand auf den Beckenrand, doch niemand konnte ihn hören, denn obgleich die Welt hier unter Wasser vollkommen still war, brüllte Bangkok dort oben unbeeindruckt seinen Hundertjahresschrei und übertönte alle Geräusche. Und wenn ihn jemand gehört hätte? Das Einzige, was sie tun konnten, war, ihn in den Tod zu begleiten. Eine brennende Hitze legte sich um seinen Kopf und er machte sich bereit, das zu versuchen, was alle Ertrinkenden früher oder später versuchen mussten: Wasser einatmen. Seine freie Hand berührte Metall. Den Poolkescher. Er lag auf dem Rand. Harry packte ihn und zog ihn zu sich.

Runa hatte Didgeridoo gespielt.

Hohl. Luft. Er legte den Mund um das Ende des Aluminiumrohrs und holte Luft. Er bekam Wasser in den Mund, schluckte, wäre beinahe erstickt, spürte tote, vertrocknete Insekten auf der Zunge und biss, gegen den Hustenreiz ankämpfend, auf das Aluminium. Warum heißt es nur Sauerstoff? Es ist doch nicht sauer, es ist süß, selbst in Bangkok ist die Luft süß wie Honig.

Er atmete Abfall und lose Aluminiumspäne, die sich auf die Schleimhaut in seinem Hals setzten, spürte es aber nicht.



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