Kaiser der Dunkelheit: Roman (German Edition) by Mark Lawrence

Kaiser der Dunkelheit: Roman (German Edition) by Mark Lawrence

Autor:Mark Lawrence
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-06-08T22:00:00+00:00


27

Fünf Jahre zuvor

Lange Zeit lag ich im Dunkel, von Fieber geschüttelt. Im Staub lag ich, neben der frischen Leiche eines tausend Jahre alten Mannes, und von Zeit zu Zeit, wenn mein Kopf klar genug war, um die Forderungen der ledrigen Zunge zu verstehen, trank ich.

Ohne Licht und ohne Geräusche kann man Träume kaum von Delirium unterscheiden. Ich sprach mit mir selbst – dumpfes Murmeln und Vorwürfe – und manchmal auch mit Fexler, der mit dem Gesicht nach unten lag, sein Hinterkopf aufgerissen und blutig. Ich hielt seine Waffe, wie ein Totem gegen die Schrecken der Nacht. Die andere Hand umklammerte das Kästchen mit dem Dornenmuster; selbst im Wahn des Fiebers ließ ich es ungeöffnet.

Ich sprach zu meinen Dämonen und richtete lange Monologe an jeden Einzelnen von ihnen, während ich mich im Staub wand. Leshas Kopf beobachtete mich aus dem Fach, das die Tabletten enthalten hatte, ihre Haut glänzend, mit dunklem Blut, das aus dem Halsstumpf quoll. Sunny hielt ohne Augen Wache, die Worte aus seinem verbrannten Mund ebenso unverständlich wie meine. William kam Hand in Hand mit Mutter, ihr Blick besorgt, seiner hart wie Stein.

»Ich habe versucht, dich zu retten.« Dieselbe alte Geschichte – keine neuen Rechtfertigungen von Jorgy.

Er schüttelte den Kopf, die blonden Locken blutig. Wir wissen beide, dass die Dornen ihn nicht zurückgehalten hätten.

Die Toten von Gelleth bezogen vor mir Aufstellung, und meine Brüder aus dem Sumpf, von Chella für mich gerufen.

Und nach und nach wirkten Fexlers Tabletten ein langsames Wunder. Das Fieber schwand, und die Träume wichen Dunkelheit. Williams Augen blieben bis zuletzt, mit anklagendem Blick.

»Ich habe Hunger.« Die Knochen meines Rückgrats knackten, als ich mich aufsetzte.

Ich wusste nicht, wie lange ich dort gelegen hatte – lange genug für Fexler, einen unangenehm süßlichen Geruch anzunehmen. Trotzdem knurrte mir der Magen.

Ich genehmigte mir eine Mahlzeit aus Hartkeksen, die ich mit blinden Fingern unter meinen Sachen fand und im Dunkeln verspeiste, wobei ich gelegentlich Ungenießbares ausspuckte, das meine Finger zusammen mit den Keksen gefunden hatten. Ich durchsuchte Fexler, ohne Licht zu vergeuden, schickte meine Fingerspitzen auf Entdeckungsreise durch seine vielen Taschen. In der einen Hand hielt ich mein stumpf gewordenes Messer bereit, denn ich vertraute nicht darauf, dass die kalt und steif gewordene Leiche meine Zudringlichkeiten ohne Protest hinnahm. Doch Fexler blieb ruhig liegen. Vielleicht kannten die Erbauer Mittel und Wege, ihre Gebäude vor schädlichen Einflüssen zu bewahren, so wie die Siegel der Geistesgänger den Inhalt königlicher Gräber schützten. Ich fand eine leichte, rechteckige Schachtel, wie eine Kartenhülle, mit schwerem, rasselndem Inhalt. An anderer Stelle entdeckte ich mehrere flexible Karten, die sich nach Plastick anfühlten. Die Brusttasche enthielt dünne Zylinder, vielleicht Schreibinstrumente. Ich steckte alles ein.

Als ich schließlich zum Aufbruch bereit war, zündete ich meine Lampe an.

Im Schacht emporzuklettern erwies sich als der Albtraum, den ich befürchtet hatte. Das Schlimmste war der Aufstieg bis zu der Stelle, an der ich das Seil erreichen konnte. Beim ersten Versuch griff meine Hand am Seil vorbei, und ich fiel, was meine Geschichte fast mit einem staubigen Skelett am Boden eines tiefen, trockenen Loches beendet hätte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.