Kafkas Sohn by Szilárd Borbély

Kafkas Sohn by Szilárd Borbély

Autor:Szilárd Borbély
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2017-02-12T16:00:00+00:00


Blümchen auf dem Kattunkleid

Kafka sah die Hände seines Vaters, wie sie nach den Brüsten des Dienstmädchens griffen, sie durch das dunkelblaue Kattunkleid mit dem Blümchenmuster hindurch kneteten. Den Dienstmädchen fertigte der Vater immer aus dem gleichen Blümchenkattun Kleider. Die Mädchen kamen und gingen. Sie dienten ein paar Jahre, andere kündigten nach ein, zwei Monaten. Julie redete nie hinein. Der Vater brachte für die Mädchen immer diesen Stoff aus dem Geschäft, weil er ein unverkäufliches, etwas fehlerhaftes Ende hatte. Die Mädchen wechselten, man musste die Kleider umändern, neue nähen, es gab dünnere und beleibtere Mädchen, mit kleinen und großen Brüsten, doch der Stoff blieb immer der gleiche. Auch Julie mochte diese Beständigkeit, und Hermann beharrte darauf. Franz graute es auch vor diesen Blumen, besonders vor den Blümchen. Er sah die gewaltigen Hände des Vaters am sonntäglichen Mittagstisch, wie sie Messer und Gabel hielten, die der Vater bedrohlich gen Himmel richtete, wenn er schon sehr hungrig war. So hielt er sie in den Fäusten, in der linken die Gabel und in der rechten das Messer, ungeduldig und zum Sprung bereit. Er drückte das Familiensilber, das nach tschechischer Sitte Julies Eltern dem neuen Paar hatten kaufen müssen. Wie auch das Porzellanservice. Ein gemeinsames Vermögen, inklusive der an den Staat zu zahlenden Steuern und Abgaben.

Wann kommt endlich dieses Mädchen, brüllte er in solchen Momenten auf die andere Seite des Tisches zu Julie hinüber, als müsste diese demütige, mit gesenktem Kopf dasitzende Frau jetzt sofort die Situation lösen. Hermanns Hunger war immer unerträglich und musste sofort befriedigt werden. Julie hustete dann immer leise, räusperte sich, womit sie das Gebrüll ihres Mannes nicht übertönen konnte, und sie klopfte mit dem Messer an den Rand des Glases. Später legte sie zur Linken ein Glöckchen neben sich, das sie diskret schüttelte. Einmal besorgte Hermann irgendwoher eine Tischglocke, wie man sie in Gaststätten auf dem Schanktresen verwendete, in Lokalen, wo viele Kellner unterwegs waren, die man auf Gästewunsch springen ließ, seien Sie so lieb und zünden Sie mir meine Zigarre an, bringen Sie mir doch das Prager Tagblatt, mein Sohn, holen Sie mir mein Telegramm von der Post. In solchen Lokalen schrieben die Kellner die Bestellung auf einen Zettel, ließen ihn in dem kleinen Fenster des Ausschanks und liefen, bloß an die Glocke schlagend, weiter. Das reichte, damit durch das Fensterchen eine Hand herausgestreckt wurde, die den Zettel aufpickte und das Fenster schon wieder hinter sich schloss. Diese Hände flogen Franz vor Augen.

Am grauenvollsten waren die Hände vor Franz’ Augen. Er sah noch die Hände des Vaters, wie sie der Köchin in den Hintern kniffen, so dass Julie es nicht bemerkte. Die Köchin hatte einen gewaltigen Hintern. Franz sah nur die Hände, er stellte sich die gewaltigen Pobacken vor, über die beim Gehen abwechselnd die wallende Erschütterung lief und die abwechselnd hoch und runter, runter und hoch glitten. Hermann konnte nicht aufhören, sie zu kneifen. Mit der Zeit wartete die Köchin auch schon darauf, sie drehte sich so, dass sie dem Herrn des Hauses die Gelegenheit bot, der dies



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