K. oder Die verschwundene Tochter - Roman by Transit

K. oder Die verschwundene Tochter - Roman by Transit

Autor:Transit
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Transit
veröffentlicht: 2013-02-04T05:00:00+00:00


Mit-Leidenschaft

I

Am Anfang war es Angst. Furchtbare Angst. Angst, er könnte meinem Bruder etwas Schlimmes antun; meiner Familie; Angst, er könnte mir etwas Schlimmes antun. Heute ist es Leidenschaft, das können Sie mir glauben, nichts als Leidenschaft, eine irre Leidenschaft. Von beiden Seiten, von meiner und von seiner. Über Leidenschaft fällt man keine Urteile, Leidenschaft geschieht einfach. Sie sind ja auch nicht hergekommen, um ein Urteil über mich zu fällen, oder?

Manchmal denke ich, schuld daran war der Regen. Als ich ankam, war ich klatschnass, mein dünnes Blüschen klebte auf der Haut, meine Haare trieften vor Nässe, die Hose tropfte, und ich stand da, schutzlos, benommen, wie ein Vögelchen vor der Schlange, zitternd vor Kälte und halbtot vor Angst, eine Beute, er konnte mit mir machen, was er wollte, zum Sprung ansetzen, mich auffressen, mich zerdrücken. Später hat er erzählt, dass er an jenem Tag unglaublich scharf war. Bitte entschuldigen Sie, meine Liebe, dass ich so daherrede, das ist meine Art.

Was er gemacht hat? An diesem Tag hat er gar nichts gemacht. Er ließ ein Handtuch holen, wartete, bis ich mich abgetrocknet hatte, gab mir Zeit, damit ich mich beruhigte, bot mir sogar einen Cognac an, um die Kälte zu vertreiben, sagte er, ein Gentleman. Es passierte am Tag darauf, als ich zurückkam mit den zwei Fotos von Zinho, die er brauchte, um den Pass ausstellen zu lassen. Er legte die Fotos auf den Tisch und führte mich in einen anderen Raum, eine Art Anbau, mit Bett und Toilette. Ohne ein Wort zu sagen, hob er mein Kleid hoch, streifte mir das Höschen ab und presste sich an mich. Ich habe mich ihm hingegeben ohne jeden Widerstand.

Ob es das war, was ich wollte? Ich glaube schon, bestimmt hatte ich es erwartet, denn ich war vorbereitet, wissen Sie? Ich hatte mir beim Friseur die Haare machen lassen und ein tief ausgeschnittenes, luftiges Kleidchen angezogen. Ich hatte seinen Blick am ersten Tag gesehen. Ob es etwas geändert hätte, wenn ich mich gesträubt hätte? Nicht das Geringste. Nachdem man einen Fuß dort hinein gesetzt hat, gibt es kein Zurück mehr. Welche Frau kann einem so mächtigen – so allmächtigen – Mann widerstehen? Und es war ja klar, dass ich den Pass bekommen würde, nicht wahr?

Doch das Wichtige ist, dass daraus eine Leidenschaft geworden ist. In dem Fall ist es egal, ob der Typ ein Verbrecher ist, ob er verheiratet oder ledig oder was auch immer ist; ich weiß nicht, ob Sie jemals eine Leidenschaft erlebt haben. Wenn man sich dagegen wehrt, wird sie nur noch größer, wird zu einer Krankheit, bringt einen zur Strecke. Glauben Sie ja nicht, meine Gute, dass Leidenschaft und Liebe ein und dasselbe sind, Leidenschaft ist Wahnsinn, ist Blindheit, ist totaler Verlust des Unterscheidungsvermögens. Es war, als ob er mich hypnotisiert hätte. Denn wenn ich auch nur eines Gedankens fähig gewesen wäre, wie hätte ich dann mit einem Mann zusammenleben können, von dem alle behaupten, dass er ein Ungeheuer ist?

II

Ich weiß, was über ihn gesagt wird. Sie müssen mir nichts erzählen.



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