Kölsch und Spätzle by Anette Judersleben

Kölsch und Spätzle by Anette Judersleben

Autor:Anette Judersleben [Judersleben, Anette]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-944554-00-6
Herausgeber: Edition Ecrilis
veröffentlicht: 2015-06-05T16:00:00+00:00


Florian

Swt, swt. Swt, swt.

Das inzwischen vertraute Geräusch weckte mich.

Widerstrebend öffnete ich die Augen und blinzelte zu Kerstins Wecker hinüber. Na toll! Es war mein erster Urlaubstag und ich war um zwei Minuten nach acht wach.

„Bekloppte Schwaben“, murmelte ich und schlang den Arm um Kerstin. Sie schlief noch fest. Kein Wunder. Sie war ja damit aufgewachsen, dass hier an jedem Samstagmorgen die Gehwege, Hofeinfahrten und Straßen akkurat gesäubert wurden.

Als ich das erste Mal bei ihr war, konnte ich es nicht fassen, dass Menschen so früh am Tag nichts Besseres zu tun hatten, als zu kehren und zu putzen. Besonders der Hausmeister, der für das Mehrfamilienhaus zuständig war, in dem Kerstins Wohnung lag, war ein unermüdlicher Feger.

„Du bist im Schwabenländle, da macht man das so“, hatte Kerstin lachend erklärt. „Du wirst dich daran gewöhnen.“

Ich hatte mich in den letzten fünf Monaten an einiges gewöhnt.

Kilometerlange Freitagnachmittags-Staus, gegen die auch mein RX-8 machtlos war. Im Gegensatz dazu rasante nächtliche Heimfahrten sonntagabends, weil wir uns wieder mal nicht rechtzeitig voneinander hatten trennen können. Die Wochenenden mit Kerstin waren stets zu kurz.

Aber jetzt lagen drei herrliche Wochen vor uns. Um Jupp zu schonen, hatte ich Rebell für die Zeit in einer Tierpension untergebracht. Ob er mir das je verzeihen würde, war fraglich. Egal. Shit happens. Das galt auch für Killerkater.

Da Kerstin mitten in zwei wichtigen Projekten steckte, konnte sie natürlich nicht drei Wochen einfach verschwinden, aber sie hatte ihre Termine auf ein Minimum reduziert, denn wir wollten einiges unternehmen. Doch die Hauptsache war, dass wir endlich, endlich eine längere Zeit miteinander verbringen konnten, ohne auf die Uhr sehen zu müssen.

Swt, swt.

Die fleißigen Schwaben sorgten dafür, dass ich nicht wieder einschlafen konnte. Lautlos verließ ich das Schlafzimmer und brühte an Kerstins High-Tech-Kaffeeautomat einen Espresso auf. Auf der Spüle stapelte sich das schmutzige Geschirr. Kopfschüttelnd räumte ich es in die Spülmaschine. So akkurat Kerstin beruflich arbeitete, so unordentlich war sie privat.

„Du freust dich bloß deshalb auf mich, weil ich dir immer beim Aufräumen helfe“, hatte ich einmal gespielt gekränkt zu ihr gesagt. Ihre Antwort darauf war umwerfend gewesen. Sie schubste mich aufs Bett und bewies mir, dass es zumindest noch einen anderen Grund gab, weshalb sie mich liebte.

Ich grinste bei der Erinnerung daran und schlenderte durch das sonnendurchflutete Wohnzimmer auf die Terrasse hinaus, um die erste Zigarette des Tages zu genießen. Einige Amseln zwitscherten in den Bäumen des Gartens, ansonsten war außer dem Swt, swt nichts zu hören.

Die Stille war beklemmend.

Obwohl Kerstin mich vorgewarnt hatte, dass sie im wahrsten Sinn des Wortes auf dem Land lebte, war ich dennoch fassungslos, als ich das erste Mal hier ankam. Schweißgebadet, denn ich war bereits felsenfest davon überzeugt gewesen, dass mein Navi den Geist aufgegeben hatte, als sich endlich der Wald lichtete und die ersten Häuser des winzigen Dorfes auftauchten. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass es einen derartigen Ort gab. Stuttgart lag nur zwanzig Autominuten entfernt, doch es war, als betrete man ein anderes Universum.

„Wieso wohnst du in solch einem Kaff?“, fragte ich Kerstin entsetzt nach einem ausführlichen Begrüßungskuss. „Hier leben doch höchstens tausend Menschen.



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