Julie und Schneewittchen - Schlimmer geht's immer ; [1] by Arena

Julie und Schneewittchen - Schlimmer geht's immer ; [1] by Arena

Autor:Arena
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Arena
veröffentlicht: 2014-05-30T22:00:00+00:00


Stille.

14.29 Uhr. Seit 4 Stunden und 44 Minuten im Keller.

Das sind die längsten vierdreiviertel Stunden meines Lebens!

Über uns brennt nur eine fitzelige Glühbirne und die kahlen dunklen Betonwände um uns herum machen die Sache auch nicht besser. Das hier ist genau wie damals, als ich in Mumis Kleiderschrank eingesperrt war. Nur dass ich diesmal wenigstens nicht allein hier hocke, sondern Ben bei mir ist. Und natürlich mein Tagebuch. Gott sei Dank!

Inzwischen haben Ben und ich zwei Stunden gegen die Tür getrommelt – ohne Erfolg. Kein Mensch hat sich hier unten blicken lassen! Anschließend haben mir die Hände so wehgetan, dass Ben eine kurze Pause vorgeschlagen hat, und dabei ist er prompt eingeschlafen. Jetzt liegt sein Kopf auf meiner Schulter und ich traue mich kaum, mich zu bewegen. Seine blonden Locken kitzeln ein bisschen an meinem Arm, aber das macht gar nichts.

Schließlich ist seine Haut ganz warm und seine Atemzüge sind das Beruhigendste, was ich je gehört habe. Noch viel schöner als Wellenrauschen. Wenn ich mich ganz doll auf sie konzentriere, dann kann mir selbst die blöde Platzangst nichts anhaben …

Ich nehme an, dass Ben so müde ist, weil er gestern Nacht vor lauter Wut auf mich und meine vermeintliche Verarschungsaktion kein Auge zugekriegt hat, aber das vermute ich nur, weil er leise im Schlaf redet und dabei schon dreimal »Verdammt noch mal, Julie!« gesagt hat. Offiziell spricht er noch immer nur das Nötigste mit mir, aber wenigstens hat er vorhin zugegeben, dass er jetzt doch nicht mehr glaubt, dass ich das alles hier mit Absicht eingefädelt habe – dafür erscheint ihm meine Platzangst zu »echt«. Puh. Hätte nie gedacht, dass ich meiner Platzangst mal dankbar sein würde.

15.02 Uhr. Seit 5 Stunden und 17 Minuten im Keller.

Habe die knappe halbe Stunde, seit Ben schon schläft, dafür genutzt, unbeobachtet in ein Marmeladenglas zu pinkeln. Was für eine Wohltat! Mag mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn ich hier in diesem Kellerloch mal groß muss. Abgründe unter sich! Denke, es ist besser, den Gedanken nicht weiter zu vertiefen. (Es gibt hier nur ein klitzekleines Fenster kurz unter der Decke ohne Griff – schätze, selbst ein Pups würde den sofortigen Erstickungstod auslösen.)

15.48 Uhr. Seit 6 Stunden und 3 Minuten im Keller.

Ben schläft noch immer. Habe auch versucht, einen Mittagsschlaf zu machen, hat aber nicht geklappt, weil ich die ganze Zeit an Mama und Papa denken musste. Ob sie sich wohl sehr große Sorgen um mich machen? Immerhin bin ich noch nie so lange weggeblieben, ohne Bescheid zu sagen. Verdammt! Eigentlich wollte Mama mit mir dieses Wochenende etwas Schönes machen. Ich darf gar nicht dran denken … Habe inzwischen ein megaschlechtes Gewissen, was Mama anbelangt. Denke, ich hätte ihr mit Ottilie einfach mehr helfen sollen. Dann wäre sie nicht so überfordert gewesen und dann hätte Papa letzte Nacht nicht den Hörer aufgeknallt. So ein Mist!

Ob Scharina mitgekriegt hat, dass ihr Halbbruder uns hier unten eingesperrt hat? Wahrscheinlich nicht. Sonst hätte sie uns bestimmt längst befreit.

Oh, Gott, wenn ich mir vorstelle, was Kevin mit ihr gemacht



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