Jetzt oder Nils & Für immer und Emil by Hotel Nikola

Jetzt oder Nils & Für immer und Emil by Hotel Nikola

Autor:Hotel, Nikola [Hotel, Nikola]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2015-03-14T23:00:00+00:00


Kapitel 3

Okay, ich gebe zu, der Auftakt zu unserem Gespräch ist das Erste an diesem Tag, was nicht perfekt gelaufen ist. Es fängt schon damit an, dass wir bei Cosmic Internet keine Cola anbieten. Cola ist so was von ungesund und chemisch – unsere Firmenleitung würde vermutlich einen Ausschlag bekommen, sollte ihr auch nur das Etikett dieses Gebräus ins Auge fallen. Ich seufze. Vermutlich werde ich heute Nacht nicht nur von Currywurst, sondern auch noch von einer eiskalten Cola träumen. (Nicht die Light-Variante!)

Nach diesem ersten Problem, das Emil noch mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nimmt, geht es jedoch auch nicht optimal weiter. Aus irgendeinem idiotischen Grund meint Benjamin, er könne die Verhandlungen ausschließlich seinem eher minderbegabten Bruder überlassen, und hockt in seltsam starrer Haltung auf dem Stuhl, einen Notizblock auf den Knien balancierend. Die ganze Zeit kritzelt er etwas, von dem ich vermute, dass es Stichpunkte zu den Fakten sind, die ich im Gespräch fallenlasse.

Beide Brüder haben denselben dunkelbraunen Wuschelkopf, doch alles, was bei Benjamin schmal, dünn und steif wirkt, gibt es bei seinem Bruder in einer breiteren, männlicheren und viel zu lässigen Ausführung. Emil ist auf dem Sitz nach vorn gerutscht und hat einen Körperwinkel eingenommen, der ziemlich nah an die 127 Grad kommt, die Jugendliche einnehmen, wenn sie schlaff vor ihrer Playstation hängen und bei Call of Duty ein paar Menschen abballern. Überhaupt habe ich das Gefühl, Emil ist nicht ganz bei der Sache. Ich sollte ihn dringend mal wachrütteln!

»Wir sind also bereit, ein Kapital von 500 000 Euro in Ihr vielversprechendes Start-up zu investieren«, sage ich zum Wachwerden. »Was sagen Sie dazu?«

Emil sagt erst einmal nichts, und ich frage mich zum wiederholten Male, warum er sich für dieses Gespräch nichts Anständiges angezogen hat. Ganz offensichtlich hat er keine Mutter wie ich, die ihn sein Leben lang mit dem Slogan ›Kleider machen Leute‹ getriezt hat. Wie soll man denn jemanden ernst nehmen, der rumläuft, als käme er gerade aus dem Biergarten? Im Augenblick verschränkt er die Arme vor der Brust, so dass mir der Anblick des Spruchs erspart bleibt.

»T-Venture hat uns bereits eine Million angeboten.« Emil gähnt und wirft mir einen müden Blick durch halbgeschlossene Lider zu. Ich glaube, seine Pupillen sind genauso blau wie das T-Shirt, das garantiert arme Waisenkinder in Kalkutta färben mussten, kann es aber nicht mit Bestimmtheit sagen.

»Oh«, mache ich und tue überrascht. »Da sollten Sie unbedingt zuschlagen. Dieses Angebot ist ja kaum zu überbieten. Erstaunlich, dass T-Venture da Interesse hat. Normalerweise investieren sie nur in Neugründungen, bei denen es sich um Produkte der Kommunikation handelt. Und bei SubSox.de verkaufen Sie doch Socken, oder haben Sie neuerdings ein Datenerfassungssystem, von dem ich noch nichts weiß?«

»Als ob.«

Seine lakonische Art irritiert mich. Was will er mir damit sagen? Dass ich unrecht habe? Dass ich etwas Offensichtliches festgestellt habe, was nicht der Rede wert ist? Unauffällig presse ich beide Handflächen von unten gegen die Tischplatte. Bei meinem letzten Frisörbesuch habe ich in der Brigitte gelesen, mein archaisch programmiertes Gehirn würde dies als Willkommensgeste erkennen und mich positiv stimmen.



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