Jenseits von Afrika by Blixen Tania
Autor:Blixen, Tania [Blixen, Tania]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-04-11T22:00:00+00:00
Ingrid Lindström wohnte bei mir, wenn sie sich ein oder zwei Tage von ihrer eigenen Farm, ihren Truthähnen und ihrer Gemüsegärtnerei in Njoro freinehmen konnte. Ingrids Haut war so hell wie ihr Sinn, sie war eine schwedische Offizierstochter und verheiratet mit einem schwedischen Offizier. Beide waren mit ihren vier Kindern nach Afrika aufgebrochen wie zu einem Waldausflug, mit der Absicht, im Handumdrehen ein Vermögen zu verdienen. Sie hatten sich Land zum Flachsanbau gekauft, weil Flachs während des Kriegs fünfhundert Pfund pro Tonne einbrachte, doch kurz darauf fiel der Preis auf vierzig Pfund, und Flachsfelder und Maschinen waren keine Rupie mehr wert. Da setzte Ingrid alle Kraft dafür ein, die Farm für ihre Familie zu retten. Sie verlegte sich auf Hühnerzucht und Gartenbau und arbeitete vom frühen Morgen bis zum späten Abend, triefend von SchweiÃ, stöhnend wie ein misshandeltes Pferd. In diesem heftigen Kampf war sie ihrem Schicksal begegnet. Sie hatte sich in die Farm verliebt, in ihre Kühe, Schweine und Truthähne, in die Eingeborenen und in das Gemüse, in das kleinste Fleckchen afrikanischer Erde, das ihr eigen war, leidenschaftlich, bis zum Wahnsinn, wie man sagt â und hätte für ihre Farm Mann und Kinder geopfert. In den schlechten Jahren, als wir fürchten mussten, unser Land zu verlieren, haben wir uns beieinander ausgeweint.
Es waren fröhliche Tage, wenn Ingrid die Farm besuchte, sie war geradezu, munter und überaus freundlich wie eine alte schwedische Bauersfrau, und in ihrem wettergebräunten Gesicht blitzten zwei Reihen kräftiger weiÃer Zähne wie bei einer lachenden Walküre. «Die ganze Welt hat uns Schweden deshalb gern, weil wir sie mitten im Elend umarmen können und so keck sind, dass es um uns her leuchtet.»134
Ingrids Koch und Diener war ein alter Kikuyu mit Namen Kemosa, der für sie eine ganze Reihe von Ãmtern versah und so lebhaft an ihren verschiedenen Aktivitäten Anteil nahm, als wären es seine eigenen. Er schuftete und schwitzte mit ihr in Gemüsegarten und Handelsgärtnerei, er diente ihren drei kleinen Töchtern als Anstandsdame und begleitete sie, wenn sie mit der Eisenbahn zu ihrer Internatsschule und wieder zurück fuhren. Wie mir Ingrid erzählte, geriet Kemosa völlig aus dem Gleichgewicht, wenn ich mich zu Besuch auf Njoro ansagte. Dann lieà er alles andere stehen und liegen und konzentrierte sich voll und ganz auf die Vorbereitungen zu meinem Empfang, ja er schlug ihren gemästeten Truthähnen, die zu Weihnachten verkauft werden sollten, schlankweg die Köpfe ab, und das alles aus Bewunderung für Farah, der in seinen Augen das Vornehmste war, was es auf der Welt gab. Ingrid meinte, Kemosa halte seine Bekanntschaft mit Farah für die gröÃte Ehre, die ihm jemals widerfahren sei.
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