Jenseits der Untiefen by Favel Parrett

Jenseits der Untiefen by Favel Parrett

Autor:Favel Parrett
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783455812305
Herausgeber: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH
veröffentlicht: 2013-08-15T22:00:00+00:00


Manchmal hing Nebel in der Luft, reglos und feucht, er blieb den ganzen Tag über da, ohne sich zu bewegen, sich zu verändern oder aufzulösen. Die Wärme der Sonne war nicht stark genug. Nur der Wind, der nachmittags vom Meer kam, konnte den Nebel lichten. Verjagen.

Miles ging nach der Arbeit zum Haus des Großvaters. Am Paddock hing ein Zu verkaufen-Schild, das an einen Zaunpfahl genagelt war. Das Haus war jetzt fast leer. Nur zerbrochene Stühle und vollgestopfte grüne Müllsäcke waren noch auf der Veranda zurückgeblieben. Ein altes Telefonbuch lag im Vorraum mitten auf dem Boden, eine angeschlagene Tasse stand auf der Küchenbank. Joes Sachen waren verschwunden. Aber es gab Anzeichen dafür, dass sie hier gewesen waren. Jedes einzelne Stück.

Die Holzböden im Flur und in der Nähe der Türen hatten tiefe Rillen, der Kamin war rußgeschwärzt, der Sims war voller brauner Rauchflecken. Harrys Fundstücke und Schätze hingen noch an den Fenstern oder standen auf den Fensterbrettern.

Joe hatte Harry gesagt, dass er sich drei für das Boot aussuchen dürfe und dass der Rest wegmüsse. Aber Harry hatte sich die drei Stücke noch nicht ausgesucht. Er war nur durchs Haus gegangen und hatte sie sich angesehen. Manchmal nahm er eine Muschel oder einen Knochen in die Hand und hielt sie eine Weile. Manchmal sagte er etwas wie »Das habe ich bei Cockle Creek gefunden« oder »Sepiaschale ist cool«. Aber immer legte er das Stück wieder an seinen Platz.

Miles fand die alten eingeritzten Kerben an der Küchentür: die Markierungen, die von allen die jeweiligen Körpergrößen anzeigten. Die Kerben von Mum und Tante Jean. Von Harry und Joe. Miles fuhr mit dem Finger über die letzte seiner Markierungen. Es war kaum zu glauben, dass er jemals so klein gewesen sein sollte. Er war kleiner gewesen, als Harry jetzt war. Er hatte immer gedacht, dass er eines Tages hier leben würde.

Er ging nach draußen und öffnete die Tür zur Werkstatt. Die Werkbänke und die metallene Drehbank waren noch da, sie waren zu schwer, um sie wegzuschaffen. Und in der Ecke war jede Menge gesammeltes Holz aufgeschichtet, kein Feuerholz, sondern gutes Holz, geschmeidiges, öliges Holz. Großvaters Holz.

Großvater hatte wunderschöne Sachen gemacht. Er konnte das Holz zum Leuchten und zum Glänzen bringen, und Miles wollte genauso werden wie er. Er wollte nicht einfach nur ein Tischler sein wie Joe. Er wollte keine Häuser und Küchen oder Bootszubehör bauen. Er würde Möbel herstellen. Gute Möbel. So wie Großvater.

Miles betrat die Werkstatt. Er nahm ein kleines, krummes Stück King-Billy-Konifere vom Stapel und atmete den Duft ein. Selbst nach so langer Zeit roch es noch nach Erde.



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