Jane Rizzoli & Maura Isles Bd. 4 - Schwesternmord by Tess Gerritsen

Jane Rizzoli & Maura Isles Bd. 4 - Schwesternmord by Tess Gerritsen

Autor:Tess Gerritsen [Tess Gerritsen]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 9783641029999
Herausgeber: Limes
veröffentlicht: 2004-01-01T23:00:00+00:00


16

Ich kann immer noch zurück.

Das war der Gedanke, der Maura unentwegt durch den Kopf ging, während sie die Besucherschleuse passierte. Während sie ihre Uhr abnahm und sie zusammen mit ihrer Handtasche in ein Schließfach legte. Weder Schmuck noch Portemonnaies durften in den Besuchsraum mitgenommen werden, und ohne ihre Geldbörse kam sie sich nackt vor, aller Identitätsnachweise beraubt, ohne all die kleinen Plastikkarten, die der Welt verrieten, wer sie war. Sie klappte das Schließfach zu, und der metallische Klang rief ihr schlagartig ins Gedächtnis, was für ein Ort es war, an dessen Schwelle sie nun stand: ein Ort, wo beständig Türen knallten, wo das Leben sich in vergitterten Käfigen abspielte.

Maura hatte auf ein Gespräch unter vier Augen gehofft, doch als die Aufseherin ihr die Tür des Besuchsraums öffnete, sah sie gleich, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit war. Die nachmittägliche Besuchszeit hatte bereits vor einer Stunde begonnen, und der Raum war erfüllt von lärmenden Kinderstimmen und dem Trubel von Familien, die ihr Wiedersehen feierten. Münzen fielen klirrend in Verkaufsautomaten, die abgepackte Sandwiches, Chips und Schokoriegel ausspuckten.

»Amalthea ist jetzt auf dem Weg nach unten«, sagte die Aufseherin. »Suchen Sie sich doch schon mal einen Platz.«

Maura ging zu einem freien Tisch und setzte sich. Die Plastiktischplatte war klebrig von verschüttetem Saft. Sie hielt die Hände im Schoß verschränkt und wartete mit pochendem Herzen und trockener Kehle. Die klassische Kampf-oder-Flucht-Reaktion, dachte sie. Warum bin ich eigentlich so nervös?

Sie stand auf und ging zu einem Waschbecken. Dort füllte sie einen Pappbecher mit Wasser und trank ihn mit gierigen Schlucken aus. Immer noch fühlte ihre Kehle sich trocken an. Diese Art von Durst ließ sich nicht mit Wasser allein stillen; der Durst, der beschleunigte Puls, die schwitzenden Hände – all das war Teil ein und desselben Reflexes, mit dem der Körper sich auf eine unmittelbare Bedrohung einstellte. Entspann dich, entspann dich. Du begrüßt sie, redest ein bisschen mit ihr, befriedigst deine Neugier und gehst wieder. Das kann doch nicht so schwer sein, oder? Sie zerdrückte den Pappbecher, drehte sich um und erstarrte.

Sie sah, wie eine Tür aufging und eine Frau eintrat. Die Schultern gestrafft, das Kinn in einer herrisch-selbstbewussten Pose emporgereckt. Ihr Blick fiel auf Maura und verweilte dort einen Moment. Doch dann, gerade als Maura dachte: Das ist sie, wandte die Frau sich ab, lächelte und breitete die Arme aus, um ein Kind zu begrüßen, das auf sie zugestürmt kam.

Maura hielt verwirrt inne; sie wusste nicht, ob sie sich setzen oder stehen bleiben sollte. Dann öffnete die Tür sich erneut, und Maura erblickte die Aufseherin, mit der sie zuvor gesprochen hatte. Die Frau, die sie am Arm hereinführte, ging nicht, sondern schlurfte; mit eingezogenen Schultern und gesenktem Kopf starrte sie auf den Boden, als ob sie wie besessen nach einem verlorenen Gegenstand suchte. Die Aufseherin führte sie an Mauras Tisch, rückte einen Stuhl zurecht und platzierte die Gefangene darauf.

»So ist’s gut, Amalthea. Die Dame dort ist gekommen, um dich zu besuchen. Warum unterhältst du dich nicht ein bisschen mit ihr, hmm?«

Amalthea hielt den Kopf immer noch gesenkt, den Blick starr auf die Tischplatte gerichtet.



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