Irren ist männlich: ein Liebesroman (German Edition) by Lessing Vivian

Irren ist männlich: ein Liebesroman (German Edition) by Lessing Vivian

Autor:Lessing, Vivian [Lessing, Vivian]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-17T16:00:00+00:00


15. Kapitel

Es fiel ihm schwer, sich an sein neues Leben zu gewöhnen und das lag nicht nur daran, dass er nur den Inhalt zweier Koffer besaß, inzwischen noch zusätzlich drei Kaffeetassen, eine Matratze, auf der er schlief, Decke, Kopfkissen mit Bezügen, einen Kühlschrank mit den Nahrungsmitteln darin und eine Kaffeemaschine, dazu Pappteller und Plastikbesteck. Seine Habseligkeiten hätte er mühelos in einer Gartenhütte unterbringen können, stattdessen hatte er vier Räume gemietet, von denen er nur einen bewohnte. Wenn er eines der drei anderen Zimmer betrat, war es, als würde ihn die Leere angähnen und ihn selbst in grotesker Weise spiegeln wie in diesen Zerrspiegeln auf dem Jahrmarkt. Das lag an den hohen, leeren Wänden in Kombination mit dem Parkettboden, die wie ein Verstärker mit zu viel Hall wirkten. Aus einem Räuspern wurde ein Knallen, wie mehrere kurze Pistolenschüsse hintereinander, die irgendwo aus der Ferne kamen. Schritte wurden zu Donnerschlägen und ein Lufthochziehen, als würde der gesamte Raum mit einatmen.

Zu Hause - er dachte immer noch an das Wort „Zuhause“, wenn er San Francisco vor sich sah - war es für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen, morgens um halb sieben aufzustehen. Dann hatte er sich angezogen, um zum Marian District zu joggen, weiter durch den Park zur Golden Gate Bridge und von dort den Strand entlang, um durch den Japanese Tea Garden wieder zurückzukommen. Diese Runde vermisste er am meisten.

Vielleicht würde er sich besser einleben, wenn in der nächsten Woche die ersten Möbel geliefert würden. Oder er es wenigstens einmal versuchte, am Main zu joggen, was ihm fast wie ein Verrat an seiner Lieblingsrunde vorkam, die sich Tausende Kilometer entfernt befand.

Als er auf seiner Matratze lag und auf den Trubel der Straße hörte, der durch das gekippte Fenster zu ihm heraufdrang, klingelte das Telefon.

„Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt“, begann Janine. Sie klang anders als sonst, die Stimme belegt, als kündigte sich bei ihr eine Erkältung an.

„Nein, ich war wach. Schön, dass du anrufst.“

„Ich wusste nicht, ob ich es überhaupt tun soll.“

„Warum? Was ist denn passiert?“

Nun merkte er, dass es keine nahende Erkältung war, die ihre Stimme veränderte. Sie war wütend und das anscheinend auf ihn. Er ging zum Fenster, um es zu schließen, um mehr Ruhe zu haben. Anschließend legte er sich wieder hin, weil es in der Wohnung nicht einmal einen Stuhl gab, auf den er sich setzen konnte.

„Gestern saßen Marcel und ich abends kurz mit deinem Vater und seinem Angestellten zusammen. Dort stand Essen für uns bereit, das wollten wir uns alle nicht entgehen lassen. Bei der Gelegenheit musste Marcel deinem Vater gegenüber natürlich erwähnen, dass du und ich - eigentlich hat er gar nicht viel gesagt, dein Vater ist trotzdem in die Luft gegangen. Er dachte, wegen mir wäre die Hochzeit geplatzt. Zum Glück ist noch deine Mutter dazugekommen. Du hattest ihr von uns erzählt? Jedenfalls war es bei ihr das krasse Gegenteil. Für sie bin ich schon die Neue an deiner Seite.“

Zuerst wollte er sie beschwichtigen, aber dann biss er sich auf die Lippe. Es war einfach blöd gelaufen, da halfen auch keine beschönigenden Worte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.