Inspector Wexford - 07 - Die Tote im falschen Grab by Rendell Ruth

Autor:Rendell, Ruth [Ruth, Rendell]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-14T16:00:00+00:00

Das Haus war leer. Denise hatte ihm eine Notiz hinterlassen, die gegen eine Kristallvase mit Fresien lehnte, darauf stand, sie seien ausgegangen, um einen Blackberry-Poncho zu kaufen. Er wußte nicht recht, ob das wohl etwas zum Anziehen oder zum Essen war.

Er rief die Nummer am Holland Park an, aber niemand antwortete. Jetzt also das Mädchen Nummer zwei, vielleicht eine Zeugin von Dearborns unbeholfener und taktloser Fahndungsaktion.

Die Stimme eines jungen Mannes sagte hallo.

»Wer hat vor Ihnen in Ihrer Wohnung gewohnt?« fragte Wexford, nachdem er erklärt hatte, wer er sei.

»Das weiß ich nicht. Ich bin schon seit vier Jahren hier drin.«

»Vier Jahre? Vor zwei Jahren hat doch Louise Sampson dort gewohnt.«

»Das stimmt. Mit mir zusammen. Lulu und ich haben – warten Sie mal –, wir haben so vier oder fünf Monate zusammengewohnt.«

»Ich verstehe.« Dieses war sicherlich ein Stückchen Information, das Dearborn klugerweise seiner Frau verschwiegen hatte. »Könnte ich mal kommen und mit Ihnen sprechen, Mr. …?«

»Adams. Natürlich können Sie. Aber nicht heute. Sagen wir morgen – so gegen sieben?«

Wexford legte den Hörer auf und blickte auf die Uhr. Kurz nach fünf. Der Regen war wieder zu einem Nieseln geworden. Um welche Zeit machten die Collegeklassen wohl Feierabend? Wenn er Glück hatte, dann kam Verity jetzt gerade heraus, oder – was noch besser wäre – womöglich wohnte sie während ihres letzten Jahres im College.

Er fand das große Tor des Colleges, das von den Studenten »Marjohn« genannt wurde, ohne Schwierigkeiten. Auf dem Vorhof tummelten sich ein paar Jungen und Mädchen herum, angehende Lehrer, die ihm genau jene Seitenblicke zuwarfen, mit denen sonst seine Generation – er allerdings nicht – die Jungen bedachte, Blicke, die fragten: Warum trägst du diese komische Kleidung, diesen Haarschnitt, diese ganze fremdländische Aufmachung? Er war überzeugt, kein Mensch in der King’s Road trug seine Art Kleidung, kein Mensch war so alt wie er. Ziemlich zaghaft betrat er die Pförtnersloge und fragte, wo er Miss Verity Bate finden könne.

»Sie haben sie gerade verpaßt. Sie ist eben hier gewesen, um zu fragen, ob Briefe für sie da wären, und dann ist sie nach Hause gegangen. Sind Sie ihr Vater?«

Wexford fühlte sich geschmeichelt. Mal angenommen, man hätte ihn gefragt, ob er der Großvater des Mädchens wäre?

»Ich werde hier eine Nachricht für sie hinterlassen«, sagte er.

Er sollte wirklich mit Howard sprechen, ehe er noch weiterermittelte. Seinem Neffen stand schließlich ein ganzer Polizeiapparat zur Verfügung, ein Apparat, für den es eine Sache von Stunden wäre, Louise Sampson ausfindig zu. machen und entweder festzustellen, daß sie mit Loveday Morgan identisch war, oder aber, daß die beiden Mädchen – zwei Mädchen waren. Aber wieviel befriedigender wäre es, wenn er ihm von sich aus ein fait accompli liefern könnte, bei dem sämtliche Ermittlungen und Spurenfahndungen bereits abgeschlossen wären …

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