Inseln im Netz by Sterling Bruce

Inseln im Netz by Sterling Bruce

Autor:Sterling, Bruce [Sterling, Bruce]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-02T04:00:00+00:00


Laura lag auf ihrem Feldbett in der Rizome-Niederlassung und fühlte sich wie durch den Fleischwolf gedreht. Sie blickte auf ihre Uhr. Drei Uhr früh nach der Zeit von Singapur, Freitag, der 13. Oktober. Das Rechteck des Fensters leuchtete matt im bläulichen Schein der Bogenlampen über den Hafenkais der Ostlagune. Laderoboter auf dicken Reifen rollten unfehlbar durch Licht und Dunkelheit. Ein skeletthafter Kran tauchte in die Laderäume eines rumänischen Frachters und bewegte große Frachtcontainer wie Bauklötze.

Am Fuß von Lauras Feldbett flimmerte ein Fernsehgerät mit abgeschaltetem Ton. Irgendein lokaler Nachrichtenmann, ein von der Regierung anerkannter Lakai wie alle Journalisten hier in Singapur … wie die Journalisten überall, wenn man es genau nahm. Er berichtete aus einem Krankenhaus …

Wenn Laura die Augen schloss, konnte sie noch immer die unter zerrissenen Hemden mühsam atmenden Körper sehen und die behandschuhten, abtastenden Finger der Notärzte. Die Schreie waren am Schlimmsten gewesen, entnervender als der Anblick von Blut. Dieses nervenzermürbende Schmerzgeheul, die tierhaften Geräusche, die Menschen machten, wenn sie ihrer Würde beraubt waren …

Elf Tote. Nur elf, ein Wunder. Bis zu diesem Tag hatte sie nie gewusst, wie zäh der menschliche Körper war, dass Fleisch und Blut wie Gummi waren, voll unerwarteter Elastizität. Frauen, kleine alte Damen, hatten zuunterst in den massiven, zappelnden Menschenhaufen gelegen und waren irgendwie lebendig wieder herausgekommen. Wie die kleine chinesische Großmutter, die ein paar gebrochene Rippen davongetragen, ihre Perücke verloren und sich bei Laura immer wieder mit entschuldigendem Nicken ihres kahlen kleinen Kopfes bedankt hatte, als ob die Panik allein ihre Schuld gewesen wäre.

Laura konnte nicht schlafen. Schrecken und Erleichterung prickelten noch immer gedämpft in ihrem Nervensystem. Wieder waren die schwarzen Wasser ihrer Albträume in ihr Leben eingebrochen. Aber sie wurde besser darin. Diesmal hatte sie tatsächlich jemanden gerettet. Sie hatte mitten im schlimmsten Ansturm den kleinen Geoffrey Yong gerettet, der im Bezirk Buki Timah wohnte, in die erste Klasse ging und Geigenunterricht nahm. Sie hatte ihn lebendig und ganz seiner Mutter zurückgegeben.

»Ich habe selbst ein kleines Mädchen«, hatte Laura zu ihr gesagt. Und Frau Yong hatte ihr einen unvergesslichen, erhebenden Blick grenzenloser und mystischer Dankbarkeit geschenkt. Der Edelmut des Schlachtfeldes, unter Schwester-Soldaten in der Armee der Mutterschaft.

In Georgia war jetzt Mittagszeit. Sie könnte David wieder anrufen, in seinem Rizome-Schlupfwinkel in den Bergen. Es würde ihr gut tun, seine Stimme zu hören. Sie vermissten einander sehr, aber wenigstens gab es die Telefonverbindung, die ihr einen Blick in die Außenwelt öffnete und ihr sagte, dass sie ihre Sache gut machte. Darauf kam es an, denn es nahm ihr die drückende Last von der Seele. Sie verspürte ein tiefes Bedürfnis, über das, was geschehen war, mit einer vertrauten Person zu sprechen. Und das süße kleine Krähen des Babys zu hören. Und Vorbereitungen zu treffen, diese Stadt so bald wie möglich zu verlassen und dorthin zurückzukehren, wo sie ihre Wurzeln hatte.

Sie machte Licht und wählte die Nummer auf ihrem Uhrtelefon. Nichts. Das verdammte Ding war defekt oder was. Im Gedränge beschädigt worden.

Sie setzte sich im Bett auf und probierte einige Funktionen. Ihre Verabredungstermine waren noch



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