Insel der tausend Sterne by Leah Bach

Insel der tausend Sterne by Leah Bach

Autor:Leah Bach [Bach, Leah]
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3, epub
veröffentlicht: 2014-10-18T22:00:00+00:00


18

In abgelegenen Gegenden ist die Gastfreundschaft das höchste Gut. Es blieb Paula nichts anderes übrig, als Thomas Naumann auf ihrem Ritt durch die Pflanzung an ihrer Seite zu dulden und ihn gegen Abend zum Wohnhaus zu geleiten.

»Du kannst selbstverständlich hier übernachten«, stellte sie ohne viel Begeisterung klar. »Das Gästehaus ist allerdings besetzt, du musst mit dem Plüschsofa im Wohnzimmer vorliebnehmen.«

»Oh – um eine Nacht in deiner Nähe verbringen zu dürfen, würde ich selbst in den Zweigen eines Baobabs schlafen …«

Sie schluckte bei der Erinnerung an jenen Nachmittag, an dem sie ihn so heftig begehrt hatte, dass sie sich um ein Haar vergaß. Nie wieder würde sie diesen Kuss aus ihrem Gedächtnis verbannen können.

»Aber ein Plüschsofa ist auch in Ordnung«, fuhr er fort, als sie schweigend vom Pferd stieg und Juma die Zügel übergab. »Ich liebe Plüschsofas …«

Wenige Minuten später war er anderer Meinung. Paula und Franziska hatten inzwischen das Gästehaus umgestaltet, die Tücher von den Fenstern genommen und einige der düsteren Möbel mit weißer Farbe angestrichen. Im Haupthaus jedoch, wo Jacob Gottschling residierte, wagte niemand, auch nur ein Stäubchen zu verändern.

»Wieso ist es hier so dunkel?«

»Die Ehefrau des Pflanzers wollte es so. Sie lebte in der Illusion, zu Hause in Deutschland zu sein.«

Tom verdrehte die Augen und atmete tief ein. Es müffelte nach Staub, Feuchtigkeit und modernden Stoffen. Seitdem Paula das Haus zum ersten Mal betreten hatte, kannte sie diesen Geruch, und inzwischen hatte sie sich daran gewöhnt.

»War sie …?«

Er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.

»Während der letzten Jahre war die Ärmste wohl zunehmend verwirrt. Wir haben sie nicht mehr kennengelernt, sie starb an ebenjenem Tag, an dem wir hier ankamen.«

»Wir?«

Er hatte keine Ahnung davon gehabt, dass er auch Franziska Gabriel wiedertreffen würde.

»Ich dachte, sie sei in Hohenfriedeberg im Usambara-Gebirge in Stellung. Das hat mir zumindest Missionar Böckelmann erzählt. Armer Kerl …«

Paula kam nicht dazu, seine beiden letzten Worte zu hinterfragen, denn in diesem Augenblick bemächtigte sich mama Woisso des Gastes, führte ihn herum, erkundigte sich nach seinem Leibgericht und erklärte ihm dann, sie habe ein Bad für ihn vorbereitet.

»Da sage ich nicht Nein!«

Er schmunzelte vor Vorfreude auf den kommenden Genuss, reckte die Arme und klopfte sich gegen die Brust, dass es staubte. Paula verdrängte energisch einige unzüchtige Vorstellungen, die sich plötzlich in ihrem Hirn einfanden, und bemerkte stattdessen bissig: »Juma soll deine schmutzigen Sachen ausklopfen. Wir sehen uns dann später.«

Auch Franziska war keineswegs erfreut über den Besucher. Paula hatte ihr hoch und heilig versprochen, niemandem auf der Pflanzung von ihrer Krankheit zu erzählen, vor allem Jacob Gottschling nicht. Und tatsächlich hatte sie während der vergangenen Wochen kaum noch gehustet, auch keinen Fieberanfall gehabt – vielleicht stimmte ja, was die Ärzte behaupteten, und das klare Bergklima wirkte heilend auf ihre Tuberkulose.

»Er wird ganz sicher nichts erwähnen, Franziska.«

»Wenn er es doch tut, wird Jacob Gottschling mich auf der Stelle entlassen.«

»Er wird schweigen. Aber auch Sie müssen mir etwas versprechen.«

Franziska schob die Brille zurück, die ihr auf die Nasenspitze gerutscht war. Das Brillengestell war ihr schon zweimal auseinandergebrochen, beide Male hatte sie es notdürftig geflickt.



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