Insel der blauen Gletscher: Norwegenroman (German Edition) by Kabus Christine

Insel der blauen Gletscher: Norwegenroman (German Edition) by Kabus Christine

Autor:Kabus, Christine [Kabus, Christine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783838759050
Herausgeber: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch)
veröffentlicht: 2015-01-21T05:00:00+00:00


Sie liefen am Strand entlang zu der Landzunge, die Hanna beim Landeanflug bemerkt hatte. Zwischen den vom Wasser abgeschliffenen Felsbrocken leuchteten die Blüten von arktischem Mohn, Steinbrechpflanzen und anderen Blumen, die auf kargen Böden gediehen.

»Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass so weit im Norden so viel wächst«, sagte Hanna und beugte sich zu einem blauen Blümchen hinunter, das aus dem Schotter lugte.

»Ja, zumal die Pflanzen ja nur die knappen drei Sommermonate haben, bevor der Winter wieder das Regiment übernimmt.«

Kåre kniete sich neben Hanna, die sich bäuchlings hingelegt hatte, um die Blume aus nächster Nähe zu fotografieren.

»Allerdings können sie in dieser Zeit rund um die Uhr Sonne tanken«, fuhr Kåre fort. »Das beschleunigt das Wachstum natürlich sehr.«

»Diese Farben!«, schwärmte Hanna und nahm ein Büschel dottergelbes Fingerkraut vor die Linse. »So intensiv kenne ich das nur aus unseren Alpen. Da bleiben viele Gewächse auch sehr niedrig, haben aber viel leuchtendere Blüten als unten im Tal.«

»Schau hier, stängelloses Leimkraut.«

Kåre deutete auf einige rosa Kelche hinter einem Stein.

»Danke, das hätte ich jetzt übersehen«, sagte Hanna und machte ein Bild.

Als sie sich wieder aufrichtete, streckte Kåre die Hand nach ihrer Kamera aus.

»Wie wär’s mit ein paar Beweisfotos für deinen Blog? Damit niemand auf die Idee kommt, du wärst gar nicht selbst hier gewesen, sondern hättest die Bilder irgendwo runtergeladen.«

»Ach, ich weiß nicht. Ich bin sicher ganz zerzaust und außerdem gar nicht zurechtgemacht und …«

Kåre schüttelte den Kopf. »Aber nein! Du bist wunderschön!«

Eine nüchterne Feststellung, keine oberflächliche Beschwichtigung. Es dauerte einen Moment, bis Hanna die Bedeutung seiner Worte erfasste. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals ein Kompliment erhalten zu haben, das sie so berührt hatte. Weil es gar nicht als solches gemeint und ohne Absicht geäußert worden war.

Kåre nahm die Kamera, ging rückwärts ein paar Schritte von Hanna weg und hob den Apparat vor sein Gesicht. Hanna nestelte an ihren Haaren. Sie kam sich steif und ungelenk vor. Sie zwang sich zu einem Lächeln und wartete darauf, dass Kåre ein paar Mal den Auslöser drückte und den Spuk beendete. Stattdessen umkreiste er sie langsam und fotografierte sie aus verschiedenen Perspektiven. Er war ganz versunken in sein Tun, machte ein konzentriertes Gesicht und ließ sich viel Zeit. Hannas Unbehagen legte sich ein wenig. Kåres Blick, der durch das Objektiv indirekt auf ihr ruhte, empfand sie paradoxerweise als unaufdringlich und gleichzeitig als so intensiv, als würde er sie berühren.

Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er sie streichelte? Ihr Körper antwortete mit einem lustvollen Ziehen im Unterleib. Unwillkürlich rekelte sie sich und ertappte sich, wie sich ihr Mund zu einem breiten Lächeln verzog. Die erwartete Scham blieb aus, der innere Kritiker meldete sich nicht zu Wort. Hanna spürte in sich hinein und genoss die wohligen Schauer, die sie durchpulsten. Entspannt trat sie in eine stumme Zwiesprache mit der Kamera. Es war wie ein langsamer Tanz, bei dem sich die Partner nicht anfassten, in ihren Bewegungen aber so synchron waren, als seien sie durch unsichtbare Fäden miteinander verbunden.

Als sie eine Hand hob und damit langsam durch ihre



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