In der Glut der Nacht by Jackson Lisa

Autor:Jackson, Lisa [Jackson, Lisa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 9783956493515
Barnesnoble:
Herausgeber: MIRA Taschenbuch
veröffentlicht: 2014-08-09T22:00:00+00:00

8. KAPITEL

Noah ging nervös auf der Terrasse auf und ab. Die Sorgen des heutigen Tages standen ihm ins Gesicht geschrieben. Es war fast zehn Uhr abends. Die Sonne war vor einer Stunde untergegangen, und Sean war noch immer nicht zurück. Offenbar war er – wieder mal – ohne ein Wort der Erklärung verschwunden.

Emily schlief bereits. Seit sie Seans unfreundliche Worte zufällig mitangehört hatte, war sie sehr still gewesen. Die Kleine hatte nicht einmal protestiert, als sie ins Bett musste, und es brach Sheila das Herz, als Emily ihr noch einmal gesagt hatte, wie sie die Situation empfand. „Sean mag mich nicht. Es liegt nicht daran, dass ich eine Mommy habe. Er mag überhaupt niemanden.“

„Er versucht herauszufinden, wer er ist“, hatte Sheila geantwortet.

„Das ist albern. Er ist Sean. Er mag mich einfach nicht.“

„Vielleicht mag er sich selbst nicht.“

Emily war nicht recht überzeugt gewesen, als sie unter die Daunendecke geschlüpft war. Sheila hatte versucht, dem Kind sein Lieblingsstofftier zu geben, doch Emily hatte es auf den Boden geworfen. „Ich brauche Cinnamon nicht“, hatte sie erklärt. „Kuscheltiere sind was für kleine Kinder.“ Sheila hatte nichts dazu gesagt, sondern das Kind klugerweise seinen Kampf mit dem Großwerden selbst ausfechten lassen. Sie hatte lediglich den Stoffhund mit den Schlappohren wieder aufgehoben und auf Emilys Nachttisch gesetzt.

„Nur für den Fall, dass du deine Meinung änderst“. Dann hatte sie Emily einen zarten Kuss auf die Wange gegeben und war aus dem Zimmer gegangen.

„Ist alles in Ordnung mit ihr?“, erkundigte sich Noah.

„Ich denke schon.“

„Aber irgendetwas hat sie doch bedrückt, oder?“

„Sie war gekränkt, weil Sean angedeutet hat, sie wäre ein Baby. Und jetzt glaubt sie, sie muss in einer einzigen Nacht erwachsen werde.“

„Sean ist derjenige, der erwachsen werden muss“, entgegnete Noah. „Keine Ahnung, ob er das jemals schafft.“

„Es wird besser“, sagte Sheila leise.

„Woher weißt du das?“

„Es muss einfach besser werden, oder?“ Sie sah ihn an.

„Was macht dich so sicher? Woher weißt du, dass ich keinen potentiellen Schwerverbrecher großziehe?“

Sheila lächelte, und im Mondschein sah ihr Gesicht wie das einer Madonna aus – wäre da nicht dieses verführerische silbrige Funkeln in ihren Augen gewesen. „Sean ist kein schlechter Junge“, sagte sie. „Er weiß nur nicht, wer er ist.“

„Mich hätte er fast überzeugt.“

„Genau das versucht er.“

Noah schlenderte zur Chaiselongue hinüber, auf der Sheila saß. „Wie kommt’s, dass eine schöne Frau wie du so weise ist?“ Er setzte sich neben sie, und seine Hand berührte ihren Oberschenkel, als er sich über sie beugte und sie auf die Stirn küsste.

„Erinnerst du dich nicht, wie es war, als du auf der Highschool warst?“

„Ich versuche, es nicht zu tun.“

„Komm schon, gib’s zu! Haben deine Eltern deinetwegen nicht auch ein paar graue Haare bekommen?“

„Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals in solchen Schwierigkeiten gesteckt hätte wie Sean.“

„Vielleicht warst du nur schlauer und hast dich nicht erwischen lassen“, erwiderte sie.

„Jetzt hörst du dich langsam zynisch an.“

„Realistisch.“

„Aha, rein geschäftlich, was?“, sagte Sean spöttisch und trat aus der Dunkelheit in den Lichtschein der Terrasse. Noah, der immer noch über Sheila gebeugt war, rührte sich nicht, doch Sheila spürte, dass er sich verspannte.

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