In Teufels Küche: Ein Restaurantkritiker packt aus (German Edition) by Jörg Zipprick
Autor:Jörg Zipprick [Zipprick, Jörg]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Eichborn Verlag
veröffentlicht: 2015-01-24T16:00:00+00:00
Unbezahlbar
Kennt gutes Essen keinen Preis?
Gutes Essen kostet gutes Geld, weil gute Waren teuer sind. Jetzt, wo das böse Wort gefallen ist, lassen Sie uns über Geld reden. Schon deshalb, weil die Frage nach den Finanzen in Restaurantkritiken ein Tabu bleibt – erlaubt ist höchstens die Rede vom »guten Preis-Leistungs-Verhältnis«. In den höheren Sphären der Gastronomie werden gern Sprüche geklopft wie: »Über Geld redet man nicht. Man hat es.« Das ist, mit Verlaub, ziemlicher Blödsinn. Wenn ich nicht über Essen schrieb, interviewte ich hier und da vermögende Menschen, die über Hunderte, manchmal Tausende Mitarbeiter verfügten. Gründungsmitglieder internationaler Anwaltskanzleien waren darunter, Hoteliersfamilien, ein Mann, der mit einer Sportartikelkette reich geworden war, ein Kosmetikunternehmer. All diese reichen Leute hatten eines gemeinsam: Sie warfen das Geld nicht zum Fenster heraus und mochten es überhaupt nicht, für eine Leistung oder Ware mehr zu bezahlen als unbedingt notwendig. Vielleicht ahnten sie instinktiv, dass sie mit einer anderen Lebenseinstellung nicht lange reich bleiben würden?
Keiner hätte sein Geld ohne Rücksicht auf Verluste verspeist. Tatsächlich waren manche meiner Interviewpartner im Restaurant sparsamer als Ärzte, Anwälte oder hohe Beamte aus der Nachbarschaft. Überall auf der sozialen Skala scheint es also Menschen zu geben, die auf das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Restaurants achten. Das sind beileibe nicht nur arme, unwissende Genussverächter. Ein guter Freund kannte den Sterne-Zirkus so gut, dass er jedes Soufflé ablehnte. Daran verdient der Wirt prozentual wohl am meisten: ein wenig Butter zum Einfetten der Form, Eier, Zucker. Fertig! Mit etwas Vanille kostet so ein Soufflé heute in Top-Lokalen zwölf bis 28 Euro. Das generiert Margen, die mit Steinbutt, Trüffeln, Kaviar nicht zu erreichen sind.
Normalerweise stöhnen Feinschmecker bei solchen Sätzen auf und belehren den Zweifler, dass Kreativität und Qualität keinen Preis haben. Ich glaube fest daran, dass alles seinen Preis hat: Brot, Fleisch, Autos, Texte, Bilder. Wenn der Preis fair ist, wenn Käufer und Verkäufer zufrieden auseinandergehen, dann ist das umso besser.
Mein erster Computer etwa kostete mich die stolze Summe von 2500 DM. Ich hatte ihn vor 20 Jahren bei Vobis in Köln abgeholt. Die neue Wundermaschine verfügte über einen 80286 Prozessor, eine Festplatte mit zwanzig (in Zahlen: 20) Megabyte Kapazität und einen faszinierenden weißen Knopf mit der Aufschrift »Turbo«. Damals ging das Gerücht um, man könne mit einem ordentlichen Kick auf den Turbo die Taktfrequenz des Prozessors von 8 Hertz auf prächtige 16 Hertz erhöhen. Zumindest sprang die Digitalanzeige auf der Vorderseite von acht auf 16, wenn man ihn drückte. Mein erstes Auto kostete mich rund 500 DM. Es war ein VW-Käfer, acht Jahre nach mir geboren, mit 110000 Kilometern auf dem Zähler. Er lief und lief und lief … auch wenn er ab und zu merkwürdige Geräusche produzierte. Meinen ersten DVD-Spieler erwarb ich schließlich für 490 DM. Stolz wählte ich zwischen den raren Silberlingen bei Saturn, die noch von Hunderten VHS-Tapes umrundet waren. Damals wusste ich schon, dass es in fünf Jahren leistungsfähigere Geräte geben würde. Der beste Tag, um Elektronik, Computer, Digitalkameras oder Autos zu kaufen, ist immer morgen. Denn es kommen immer neuere, bessere, günstigere Produkte
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