Imperien: Die Logik der Weltherrschaft - vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten (German Edition) by Münkler Herfried

Imperien: Die Logik der Weltherrschaft - vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten (German Edition) by Münkler Herfried

Autor:Münkler, Herfried [Münkler, Herfried]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-01-31T23:00:00+00:00


5. DAS SCHEITERN DER IMPERIEN AN DER MACHT DER SCHWACHEN

Eine Reihe von Imperien sind an starken Konkurrenten gescheitert. Sie wurden entweder militärisch besiegt und auf den Status einer Regionalmacht zurechtgestutzt oder so sehr geschwächt, dass sie in anschließenden Revolutionen und Bürgerkriegen von der politischen Landkarte verschwanden. Das napoleonische Kaiserreich und das wilhelminische Deutschland – eher Imperiumsaspiranten als bereits wirkliche Imperien – sind nach ihrer militärischen Niederlage durch die Beschlüsse der Siegermächte zu Nationalstaaten gemacht worden, deren Macht und Größe mit den Funktionsimperativen des europäischen Gleichgewichts zu vereinbaren waren. Ihr militärisches Scheitern war, wenn auch in dramatischerer Form, eine Wiederholung des spanischen Scheiterns während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.1 Demgegenüber sind das zarische Russland, das Osmanische Reich und auch die Donaumonarchie an einer Mischung aus innerer Schwäche, militärischen Niederlagen gegen machtpolitische Konkurrenten und schließlich Rebellionen und Revolutionen im Innern zugrunde gegangen. Während das napoleonische Frankreich und das wilhelminische Deutschland unmittelbar an der militärischen Überlegenheit ihrer Gegner zerschellten, waren im Falle Russlands, Österreich-Ungarns und des Osmanenreiches die militärischen Niederlagen nur der Endpunkt eines lange währenden Verfallsprozesses, den man durch den Eintritt in den Ersten Weltkrieg gerade hatte aufhalten und umkehren wollen.

Aufschlussreicher als das Scheitern von Imperien an starken Gegnern ist es, wenn sie von schwachen Kontrahenten in die Knie gezwungen werden, von denen man nicht erwartet hätte, dass sie zu einer ernsthaften Bedrohung werden können. Wenn imperiale Akteure von Gleichstarken oder Stärkeren in die Schranken gewiesen werden, zeugt das davon, dass sie über ein wesentliches Merkmal von Imperialität nicht hinreichend verfügt haben: die Weltherrschaft oder zumindest doch die alleinige Beherrschung der je eigenen «Welt»; sie waren nur im eingeschränkten Sinn Imperien, da diese doch dadurch definiert sind, dass es in ihrer «Welt» keine gleich starken oder gar stärkeren Mächte gibt. Was wir hier beobachten, ist also eigentlich nicht das Scheitern von Imperien, sondern das Auf und Ab der großen Mächte. Dieses Problem wäre dann in Großmachts- oder Hegemonialkriegstheorien zu klären2, hätte aber wenig zu tun mit den Problemen imperialer Ordnung und ihres Zerfalls.

Nun sind freilich, wie oben gezeigt, die Unterscheidungen zwischen Hegemonialmacht und Imperium in der Realität keineswegs so eindeutig und prägnant, wie dies die Ordnung der Begriffe suggeriert: Imperiale Welten können sich überschneiden, wie dies zwischen Spanien und England im 17. Jahrhundert oder zwischen England und Frankreich während des siebenjährigen Krieges um die Vorherrschaft in Nordamerika, schließlich zwischen England und Russland an den Konfliktlinien vom Schwarzen Meer bis zum Hindukusch der Fall gewesen ist. In diesen Überlappungszonen imperialer Welten vermischen sich Hegemonial- und Imperialkrieg miteinander, und es ist nicht immer klar erkennbar, ob hier Großmächte miteinander um die Vorherrschaft ringen oder ob eine imperiale Macht versucht, den Widerstand antiimperialer Akteure zu brechen. Die so genannten Stellvertreterkriege während der Ost-West-Konfrontation etwa entsprachen diesem Muster: Eine der beiden imperialen Mächte hatte sich in ihnen antiimperiale Gewänder angelegt und eine Widerstandsbewegung an der imperialen Peripherie des Gegners unterstützt, um so den Hegemonialkonflikt, der infolge der Nuklearwaffen beider Seiten nicht mehr als großer Krieg ausgetragen werden konnte, auf kleiner Flamme am Köcheln zu halten.

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