Im Schattenwald by Haig Matt

Im Schattenwald by Haig Matt

Autor:Haig, Matt [Haig, Matt]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-01-06T05:00:00+00:00


Der Wahrheits-Pixie

Samuels Herz begann zu rasen. Die Angst pulsierte in seinen Adern. Der Fund des Schädels war schon unheimlich genug gewesen, aber immerhin hatte der nicht mehr gelebt. Er hatte zwar schon Huldren und einen Tomtegubb zu Gesicht bekommen, doch war das bei Dunkelheit und in großer Entfernung gewesen. Nun stand er am helllichten Tag einer lebenden Kreatur gegenüber, die weder Mensch noch Tier war, und traute seinen Augen nicht.

»Hallo, mein Freund«, sagte der Pixie, als hätte er auf Samuel gewartet.

Freund.

Samuel war verwirrt. Warum bezeichnete ihn dieses fremde Wesen als Freund? Und warum verstand er dessen Sprache? Er erinnerte sich daran, was er in Die Geschöpfe des Schattenwalds gelesen hatte.

Die meisten Kreaturen des Waldes sprechen Hekron, eine Universalsprache, die von jedermann - sogar von Menschen - verstanden wird.

Er hielt das Buch eng an seiner Brust. In einer Welt, der er nicht mehr vertrauen konnte, wurde das Buch von Professor Tanglewood allmählich zu einem Rettungsanker. Es gab ihm Sicherheit.

»Alles in Ordnung, mein Freund?«

Schon wieder. Freund.

Samuel war misstrauisch.

Doch das unschuldige, kleine Wesen hatte die sanftesten Augen und das freundlichste Lächeln, das Samuel je gesehen hatte. Alles an ihm schien gutmütig und einladend, sogar die merkwürdige, nach oben gebogene Nase und die spitzen Ohren. Im selben Maße, in dem Samuels Angst sich verflüchtigte, kehrte der Hunger zurück.

»Hallo«, entgegnete Samuel, während der betörende Duft ihn einhüllte wie eine unsichtbare Wolke.

»Du siehst müde aus, mein Freund. Und hungrig. Warum kommst du nicht herein und isst einen Teller Suppe?« Das Wesen trat auf das Gras vor dem Blockhaus, doch Samuel bemerkte nicht, dass es keinen Schatten besaß.

»Ich suche nach meiner Schwester«, sagte Samuel. »Sie ist in den Wald gegangen und jetzt kann ich sie nicht mehr finden. Sie ist zehn Jahre alt und trägt ein dunkelblaues Kleid. Hast du sie vielleicht gesehen?«

»Nein, mein Freund. Ich habe deine Schwester nicht gesehen.«

»Ich muss sie finden. Weißt du, wo …«

Bevor Samuel seine Frage beenden konnte, wurde er von dem kleinen Wesen unterbrochen: »Mit leerem Bauch sucht es sich schlecht, meinst du nicht? Komm doch herein.«

Samuel blieb ihm eine Antwort schuldig, doch sein Magen gab in diesem Moment ein enormes Knurren von sich.

Der Pixie klatschte in die Hände. »Genau!«

Eine Minute später fanden sich Samuel und Ibsen im Inneren des Blockhauses wieder und beobachteten das Wesen, das in einem Suppentopf rührte, der auf dem Herd stand. Sie kamen sich vor wie in einem Puppenhaus. Als Samuel sich umschaute, bemerkte er die merkwürdige Einrichtung. Die weiß gestrichenen Holzwände waren mit dunkelroten und grauen Flecken übersät.

»Ich muss meine Schwester unbedingt finden. Bist du sicher, dass du sie nicht gesehen hast?«

»Ganz sicher, mein Freund.«

Während der Pixie ihm den Rücken zukehrte, schlug Samuel unter dem Tisch das Buch auf.

Warum waren nur keine Bilder darin zu sehen? Es wäre sehr viel einfacher gewesen, wenn Professor Tanglewood die Geschöpfe fotografiert oder zumindest gezeichnet hätte.

Stattdessen stand am Kopf jeder Seite nur der Name der jeweiligen Kreatur in Großbuchstaben. Die Beschreibung folgte darunter. Das bedeutete, dass Samuel länger brauchen würde, um herauszufinden, welches der vielen Geschöpfe des Waldes gerade sein Gastgeber war.



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