Im Schattenland by Stig Dalager

Im Schattenland by Stig Dalager

Autor:Stig Dalager [Stig Dalager]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783821861005
Herausgeber: Eichborn


Mit allen Sinnen hofft er, dass es Eve besser geht, doch als er sie in dem dunklen Zimmer des Memorial Hospitals liegen sieht, wieder einen Schlauch im Mund mit fieberheißer Stirn und verschleierten Augen und dem schwarzen, wirren Haar auf dem Kissen, und als er auf dem Flur Walcut sucht, der lediglich sagt, dass sich weitere Wunden entzündet hätten und er sich das auch nicht erklären könne, fällt er einige Minuten lang auf dem Stuhl neben ihrem Bett in sich zusammen. Umsonst alle seine Überlegungen, wann sie wieder nach Hause kommt – wollten sie am ersten Abend nicht nur die Bäume im Tompkins Square Park und den Himmel betrachten und wieder nach Hause gehen und sich lieben? Die Gespräche am Vormittag in seinem Büro am St. Mark’s Place, ja, die ganzen Ermittlungen sind jetzt sinnlos und kommen einem Fluchtmanöver gleich. Eve ist in ihrem Bett so weit weg von ihm, und er weiß weder, was er mit sich noch mit ihr anfangen soll, er wünscht sich nur, ihr Fieber auf sich nehmen zu können, und als sie endlich einen zusammenhängenden Satz hervorbringt, sagt sie:

– Du darfst nicht gehen.

Und er geht nicht, bleibt stundenlang an ihrem Bett sitzen, während die Dunkelheit den Fensterrahmen ausfüllt und die Wände, die Decke, die Tür, die Apparatur, ja selbst die Lampe mit dem orangefarbenen Licht und ihr Gesicht in einen neuen Schleier hüllt, er hört den Wasserhahn tropfen und ihren stoßartigen Atem und weiß nicht, ob er wach ist oder sich alles nur einbildet. Er weiß auch nicht wann, aber die Tür geht auf und vom Flur dringt Licht herein, und eine ältere Krankenschwester mit dunkler Gesichtsfarbe und ergrautem Haar, die sich als Shayan vorstellt, bringt ihm einen Teller warme Suppe und nimmt seinen Platz ein, und als er isst und wieder halbwegs zu sich gekommen ist, schlägt sie ihm vor, nach Hause zu gehen.

– Im Augenblick können Sie hier nichts mehr tun, sagt sie.

– Es ist ernst, nicht?

– Dr. Walcut ist tüchtig, er wird sie schon wieder auf die Beine bringen.

Ohne sich richtig darüber klar zu sein, was er sagt, fragt er sie mehrmals dasselbe, und jedes Mal antwortet sie ruhig:

– Ich kenne Eve inzwischen, ich habe öfter mir ihr geredet, sie gibt nicht auf, auch wenn es ihr schlechter geht. Aus irgendeinem Grund, vielleicht ist es ihre Ruhe, vielleicht auch sein Wunsch, es zu glauben, klammert er sich an ihre Worte und verlässt das Krankenhaus, und erst als er im Taxi sitzt und schon auf dem Weg in die leere Wohnung ist, entscheidet er sich, zu Michelle zu fahren, und dirigiert das Taxi nach Up West am Central Park um. Er ruft vom Taxi aus an, dass er kommt, und nachdem er vor den hohen Backsteinbauten abgesetzt wurde, einem Komplex aus Tausenden von kleinen und großen Wohnungen mit Sportanlagen und Pools, die verlassen daliegen und von Gerüsten mit langen Neonröhren erleuchtet werden, läuft er in Schuhen, die unter ihm auf dem harten Asphalt knirschen, in der kühlen Luft zum Eingang und gelangt mit dem Aufzug in die siebte Etage.



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