Im Schatten des Luchses by Victoria Holt

Im Schatten des Luchses by Victoria Holt

Autor:Victoria Holt [Holt, Victoria]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-04-17T04:00:00+00:00


***

Adelaide nähte mein Hochzeitskleid. Es war aus weißer Seide und hatte viele Rüschen und Volants und einen verschwenderischen Spitzenbesatz.

»Es wird dir auch in England gute Dienste tun«, meinte sie.

In England! dachte ich. Wir werden nicht nach England gehen! Ich werde ihn überreden, hierzubleiben und diesen ebenso lächerlichen wie bösen Plan aufzugeben, Whiteladies jenen sympathischen Menschen wegzunehmen, die Stirling und ich flüchtig kennengelernt hatten.

»Denn dort werdet ihr in großem Stil leben«, fuhr Adelaide fort. »Denk allein daran, daß du dich jeden Abend zum Essen umziehen mußt. Du wirst viel Samt tragen. Ich glaube, grüner würde dir am besten stehen, Nora. Du wirst an dem einen Ende des Tisches sitzen und mein Vater an dem anderen, und er wird sehr stolz auf dich sein.«

»Ich möchte lieber hierbleiben!«

»Aber dort werdet ihr in einem viel angemesseneren Stil leben.«

»Mir gefällt und genügt unser Stil hier!«

»Du vergißt, daß dein zukünftiger Mann einer der reichsten Männer Englands sein wird.«

»Was hat das schon zu sagen! Eine gewisse materielle Sicherheit genügt doch völlig.«

»Ihm nicht, Nora, und sein Wille wird dein Wille sein, wenn du seine Frau bist.«

»Ich teile nicht diese Auffassung von der Ehe. Die Ehe ist eine Partnerschaft. Ich werde mich und mein Wesen nicht ändern, wenn ich verheiratet bin.«

»Der Mann formt aber ganz unweigerlich die Ansichten und die Denkweise seiner Frau.«

»Ich werde mir immer eine eigene Meinung bilden!«

Adelaides nachsichtiges Lächeln irritierte mich, und so erklärte ich etwas zu heftig: »Ich glaube nicht, daß er von mir erwartet, daß ich mich ändere. Sein Interesse an mir erwachte ja gerade, weil ich mich weigerte, ihn so zu behandeln, als wäre er eine Art heiliges Orakel, wie ihr alle das tatet.«

Adelaide antwortete nicht, doch ich sah ihr an, daß sie an ihrem Standpunkt festhielt. Einige Tage später fuhr ich mit ihr nach Melbourne. Mit welch ehrfürchtigem Respekt wurde ich im Hotel empfangen.

Ich schnitt eine belustigte Grimasse, als wir in unserem Zimmer waren, und sagte zu Adelaide: »Ich bin die Auserwählte! Es ist ja fast als hätte ich eine Art Heiligenschein verliehen bekommen!«

Wir gingen verschwenderisch einkaufen. Ich suchte mir Seidenstoffe und Samt für mehrere Kleider aus, die Adelaide für mich nähen wollte. Auch einen Zobelmuff kaufte ich mir und einen pflaumenfarbenen Samtumhang mit Zobelbesatz.

»Ich würde mir hier nicht zu viel kaufen«, riet mir Adelaide. »In England findest du viele elegantere und modischere Sachen.«

Ich erwähnte nicht, daß ich alles in meiner Macht stehende tun würde, um diese Rückkehr nach England zu verhindern.

Als wir mit all unsere Paketen wieder in Little Whiteladies ankamen, erwartete Lynx mich schon voller Ungeduld.

»Ich habe tausend Ängste ausgestanden!« erklärte er. »Ich werde dich nicht noch einmal ohne mich fortlassen.« Ich war froh und befriedigt, daß ich ihm so viel bedeutete.

Adelaide machte sich sogleich in ihrem Nähzimmer an die Arbeit. Ich verbrachte einen Großteil meiner Zeit bei ihr – nicht, als ob ich mich sonderlich für die Näherei interessierte. Ich hatte vielmehr häufig den Wunsch, mich sowohl von Stirling wie Lynx zurückzuziehen, damit ich in Ruhe über den mir bevorstehenden Schritt nachdenken konnte. In jenem Nähzimmer, in dem sich



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