Im Land des Korallenbaums by Sofia Caspari

Im Land des Korallenbaums by Sofia Caspari

Autor:Sofia Caspari [Caspari, Sofia]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Tags: Roman
ISBN: 9783838710532
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2011-06-05T22:00:00+00:00


Drittes Kapitel

An diesem Abend war das Gut Santa Celia ein einziges Lichtermeer. Lampions, Kerzen und Öllampen standen oder hingen überall verteilt in den Bäumen im Garten, im Speisesaal, im großen Tanzsaal und in den Gängen. Weiteres Personal war für den Abend angestellt worden, sodass stets ein guter Geist zur Stelle war, um den Gästen jeden Wunsch von den Augen ablesen zu können. Der Tag war heiß gewesen, doch nachdem es am späten Nachmittag geregnet hatte, war es etwas abgekühlt. Die wichtigsten Familien aus Salta und von den umliegenden Estancias waren gekommen, sogar Geschäftsfreunde von den Zucker-Estancias in der Chaco-Ebene, die die Nacht bei den Santos verbringen würden, denn der Weg zurück war viel zu weit.

Nach der Vorstellungsrunde und einem Aperitif waren die Gäste in den Speisesaal gebeten worden. Entlang der Wände standen Tische, die sich unter den dargebotenen Speisen schier zu biegen schienen. Auf den Tisch mit Meeresfrüchten und Fisch folgte der mit Grillfleisch. Teller mit eingelegten Tomaten und Paprika brachten bunte Farbtupfer. Ein Maiseintopf, locro, durfte natürlich ebenso wenig fehlen wie empanadas und tamales, herzhaft gefüllte gedämpfte Teigtaschen aus Maismehl, die in Maisblätter gewickelt wurden. Zum Schluss warteten Süßspeisen wie Karamellcreme, dulce de leche, Obstsalat und queso con membrillo, Frischkäse mit Quittenmus, darauf, auch noch den Letzten zufrieden zu stellen.

Und die Gäste waren zufrieden, wie das muntere Schwatzen im Ballsaal zeigte, den man nunmehr aufgesucht hatte. Noch untermalte die eigens engagierte Musikkapelle die angeregte Unterhaltung, aber bald würde man zu tanzen beginnen. Kein Abend war perfekt ohne Tanz.

Viktoria hob das Champagnerglas an ihre Lippen und nippte daran. An einem feisten Mann mittleren Alters vorbei fiel ihr Blick auf Don Ricardo. Humbertos Vater hob sein Glas und nickte ihr zu.

Gut gemacht, Schwiegertochter, formten seine Lippen lautlos.

Viktoria nahm einen größeren Schluck aus ihrem Glas. Dass Ricardo mit ihr zufrieden war, wusste sie, das hatte er ihr schon mehrfach gesagt. Ob sie glücklich war, interessierte niemanden.

Dabei habe auch ich ein Recht darauf, glücklich zu sein, dachte Viktoria.

Dieses Mal musste sie damit kämpfen, die heraufdrängenden Tränen zurückzuhalten. Das Glas klirrte, als sie es heftig auf dem Kaminsims abstellte, neben dem sie stand. Kurz musste sie sich sammeln, dann zauberte sie erneut das Lächeln auf ihr Gesicht, hinter das sie niemals jemanden würde blicken lassen. Niemand durfte wissen, was sie fühlte, niemand.

Während Viktoria sich auf den Weg durch den Saal machte, um weitere Gäste persönlich zu grüßen und hier und da ein paar Worte zu wechseln, suchten ihre Augen unablässig nach Anna. Sie hatte sie während des Essens gesehen, neben Julius, dem es irgendwie gelungen war, den Platz an ihrer Seite zu ergattern. Wunderschön hatte sie ausgesehen in der cremeweißen Robe mit dem Besatz aus rosefarbenen Seidenrosen, die sich auch als Schmuck in ihren dunklen gelockten Haaren gefunden hatten. Der Freundin das Kleid zu versagen, war Viktoria nach reiflicher Überlegung tatsächlich nicht passend erschienen.

War sie überhaupt noch eine Freundin?

Jemand zupfte Viktoria am Ärmel. Im steten Gemurmel war ihr die Aufmerksamkeit wohl doch abhanden gekommen. Sie blieb stehen. Sancha Rodriguez, die Ehefrau eines benachbarten Gutsbesitzers,



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