Im Auftrag der Vaeter by Oliver Bottini

Im Auftrag der Vaeter by Oliver Bottini

Autor:Oliver Bottini [Bottini, Oliver]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-04-14T16:00:00+00:00


Im Land der Schwaben kamen ihr wieder die Donauschwaben in den Sinn, von denen nur ein Teil aus Schwaben selbst gekommen war, doch aus irgendeinem Grund war der Name hängengeblieben. Eine deutsche, eine europäische Geschichte, die sie nicht gekannt hatte und die doch Teil der deutschen und europäischen Vergangenheit war, vielleicht auch der Gegenwart, wer wusste das schon. Zehntausende Eheleute und Familien vor allem aus Schwaben, Bayern, Franken, Hessen, Westfalen, Lothringen, der Pfalz hatten sich im 18. Jahrhundert in Ulm auf der Donau eingeschifft, um in Südosteuropa eine bessere, freiere, friedlichere oder einfachere Zukunft zu finden, angeworben von den Habsburgern Karl VI., Maria Theresia und Joseph II. Die wiederum hatten an die Zukunft Österreich-Ungarns gedacht und wollten die nach den Türkenkriegen weitgehend entvölkerte pannonische Ebene beidseits der Donau wiederbesiedeln, in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen, doch auch, um die Grenzen besser schützen zu können. In drei großen und vielen kleinen »Schwabenzügen« reisten die Emigranten im 18. Jahrhundert auf der Donau über Wien bis Budapest, zu Land weiter Richtung Süden, Osten oder Norden, ließen sich an den ihnen zugewiesenen Flecken unbekannter Erde nieder, vor allem in der Schwäbischen Türkei, dem Banat, der Batschka, später auch in Slawonien, Fremde in einem Flickenteppich aus Völkern, Sprachen und Traditionen, aus Madjaren, Serben, Kroaten, Muslimen, Rumänen, Albanern, Roma, Juden und anderen.

Sie fragte sich, ob die Fremden auch nach Valpovo gekommen waren, irgendwann, dort gelebt hatten und dann, in den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts, dort gestorben waren vor Hunger und vor Erschöpfung und vor Kälte, wie Waldemar Kaufmann gesagt hatte. Nein, natürlich keine lichte italienische Zitronenstadt, sondern vielleicht eine Stadt des Leides und des Todes.

Eine Stadt der Schmerzen.

Später, kurz vor München, rief Alfons Hoffmann an. Die Berichte der Techniker waren eingetroffen, vielmehr: Teilberichte. Nichts Neues, aber immerhin objektive Bestätigungen. Die Schuhabdruckspuren im Beet vor der Terrasse der Niemanns, die im Acker, als er weggelaufen war, und die am Hang des Schönbergs waren identisch. Die Fingerabdrücke im Haus und im Schacht der Kanalisation waren identisch. Auf dem Sofa im Fernsehzimmer, das nicht mehr existierte, hatten Steinle und Lubowitz Fasern einer dunkelblauen Cordhose gefunden, auf dem Boden Erdkrümmel, Sandkörner, Grasstückchen, die identisch waren mit vergleichbaren Partikeln in den Schuhabdruckspuren. Der Mann im Garten war der Mann im Kanalisationsschacht gewesen und der Mann im Haus der Niemanns und der Mann auf dem Schönberg. Wichtig für den Staatsanwalt, den Richter. Nichts Neues, nur objektive Bestätigung. Über das, was der alte Krieger vorhatte, über die Schmerzen, die vielleicht allem zugrunde lagen, über die Deutschen aus Jugoslawien erzählte es natürlich nichts. Da halfen nur möglichst viele weitere Informationen. Und Ahnungen.



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