Ich bin so wild nach deinem Erdbeerpudding by Margie Kinsky

Ich bin so wild nach deinem Erdbeerpudding by Margie Kinsky

Autor:Margie Kinsky [Kinsky, Margie]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Knaus Verlag
veröffentlicht: 2014-08-14T22:00:00+00:00


Links auf der Lehne sitzt mein viel zu dünner Bruder mit seinem viel zu großen Pullover

Victoria war meine älteste Freundin, wir haben so viel zusammen erlebt, sie war die Erste, der ich damals erzählt habe, dass ich schwanger bin. Und ich werde nie vergessen, wie sie reagiert hat:

»Gib mir mal den Holzfäller ans Telefon!«

Und dann hat sie ’ne Viertelstunde auf Bill eingeredet. Als der mir danach ganz verdutzt den Hörer hinhielt, hat sie gesagt. »Margie, ich kenne dich jetzt schon so lange, ich musste ihm einfach mal sagen, was du für eine Klassefrau bist und was er an dir hat!«

Victoria war Lukis Patentante, und ich bin die Patentante ihres ersten Sohnes. Und ich passe natürlich auf ihn auf, das hab ich ihr versprochen. Victoria war bis zum Ende ihrer Krankheit immer fröhlich, und von ihr hab ich gelernt, dass Leben und Tod wirklich zusammengehören. Kindchen ist nur geliehen! Klar sollen wir immer das Beste daraus machen und abends nie im Streit einschlafen, aber so cool und gelassen bin ich halt nicht. Ich gebe zu: Ich hab Schiss vorm Tod!

Ich bin ein einfach gestrickter Mensch, und ich hab gern Gründe, warum irgendwas so ist oder anders. Wenn jemand mit neunzig stirbt, ist das ein Grund, das verstehe ich. Wenn einer nach zehn Bier und zwanzig Schnäpsen ins Auto steigt und es nur bis zum nächsten Brückenpfeiler schafft, dann hat das auch ’ne Logik. Aber wenn Kinder sterben oder meine beste Freundin, die sogar noch ’n Tacken jünger war als ich, dann ist das nur eins: ganz große, grundlose Scheiße!

Manche glauben an irgendwas, an Gott oder an Wiedergeburt, da kannste dich in den düstersten Momenten dran festhalten, aber ob das alles Sinn macht – darauf haben die auch keine Antwort. Unsere Omma sagt immer, das sind alles Prüfungen, die uns der liebe Gott schickt. Ja – und weiter? Wie bitte schön soll ich die bestehen? Und was gibt’s zu gewinnen? Bisher hab ich eigentlich immer nur was verloren, die Prüfungsregeln müssten also dringend noch mal überarbeitet werden!

Mein großer Bruder Venda war eine Granate von Mensch. So beseelt, immer bescheiden, immer zufrieden – ein echtes Vorbild für mich. Guckt alle her, so geht das Leben! Und das, was der liebe Gott bei Venda an tollen Charakterzügen rausgehauen hat wie Kamelle, das hat er auf der anderen Seite an Vendas Gesundheit voll versemmelt. Venda hat es nicht mal bis zum Sechzigsten geschafft. Er hatte schon ganz früh Kinderlähmung und zog sein eines dünnes Bein in einem Klammergitter hinterher. Dann kriegte er tolle neue Einlagen, brauchte den Beinkäfig nicht mehr, und alles hätte prima sein können – wenn er sich nicht diese doofe Tuberkulose gefangen hätte! Erst musste er wegen der Ansteckung alleine essen und sich überhaupt von allem fernhalten, dann kam er mit siebzehn ins Sanatorium. Danach war er so klapperdürr, dass Fellini ihn von der Straße weg für seinen Film »La dolce vita« engagierte!

Dann war zum Glück eine Zeit lang Ruhe. Und dann – kriegte er Brustkrebs! Ihr habt richtig gelesen! Geht’s noch



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