Hydra - Roman by Bastei Lübbe

Autor:Bastei Lübbe [Lübbe, Bastei]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8387-0468-5
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

Dienstag, 4. April, 14 Uhr 45

Köln, Hohe Pforte, Abt. Organisierte Kriminalität

Bethke beendete seinen Bericht mit seiner Fahrt ins Sauerland, als er Nußbaum auf dem Forstweg gefunden hatte. Da sei ihm endgültig klar geworden, dass da etwas nicht stimmen könne. Er lächelte die Staatsanwältin erneut an. Sie lächelte verlegen zurück, sagte erst einmal nichts. Es hätte jetzt eigentlich nur noch gefehlt, dass sie eine Zigarette aus einer Packung genestelt und sich angesteckt hätte. Dafür schlug sie jetzt das rechte Bein über das linke. Kurz danach das linke wieder über das rechte. Schon wieder dieses Knistern der schwarzen Nylons. Herrlich. Dabei rutschte der Saum ihres Rocks ein Stück höher. Wie im Kino. Er brauchte ihre hingebungsvolle Anerkennung, dann würde er sie dahin bringen, wo er sie haben wollte.

»Gibt es schon eine Rückmeldung aus der Gerichtsmedizin?«, fragte sie.

Bethke sah seinen Chef an. An sich mochte er ihn, sein sanftes Wesen, seine weichen Bewegungen. Heute saß er da wie ein nasser Sack.

Dass Nußbaum durch einen radioaktiven Seed verreckt war, hatte er in seinem Bericht nicht erwähnt, auch nicht gegenüber den Dortmunder Kollegen. Mit dem einen oder anderen nachgeschobenen Hinweis könnte er zur gegebenen Zeit bei Pia Millowitsch immer noch punkten.

»Nein, die Dortmunder haben am Freitag vier Leichen von Geschwisterkindern exhumiert, der Verdacht auf gewaltsame Tötung durch die Mutter hat sich bestätigt. Ergebnisse im Fall Nußbaum gibt es erst Ende der Woche. Wenn wir Glück haben.« Bethke betonte das wir.

»Haben sich im Haus des Stadtkämmerers irgendwelche Anhaltspunkte ergeben?«

Pia Millowitsch wurde lockerer.

»Nein, nichts wirklich Neues. Ich habe eben noch mit den Kollegen telefoniert. Sie fanden das nur witzig, das mit den Krawatten. Fingerabdrücke zuhauf. Ich denke aber, da wird weiter nichts herauskommen, da Nußbaum mir erzählt hat, dass sein Peiniger durchgehend Lederhandschuhe getragen hat. Verschiedene Haarproben haben sie mitgenommen für eine DNA-Analyse.«

»Gibt es einen Hinweis auf einen Buchstaben?«

»Ich habe die Kollegen nicht gebeten, danach zu suchen.«

»Haben Sie denen von Ihrer Serienmord-Theorie nicht erzählt?«

»Nein, sollte ich?« Er lächelte in sich hinein. »Ich wollte den Entscheidungen meines Vorgesetzten nicht vorgreifen. Abgesehen davon: Der Täter hat Nußbaum leben lassen, zumindest in seinem Haus in Dortmund. Warum sollte er dort einen Buchstaben hinterlassen? Wir haben es mit einem außergewöhnlich intelligenten und konsequenten Mörder zu tun. Ich denke, er spielt ein Spiel, dessen Regeln wir noch nicht kennen.«

Natürlich kannte er sie. Seit Samstag. Einige wenigstens.

»Vielleicht sollten wir uns in Ruhe zusammensetzen, was meinen Sie, bei einer Tasse Kaffee? Ich erkläre Ihnen gerne noch einmal alles.«

Theo Buch mischte sich ein. »Ludger, Frau Millowitsch kennt den Fall erst seit einer Stunde, also bitte! Das mit dem Buchstaben wird ja wohl noch zu klären sein. Aber ich denke, Frau Millowitsch, was der Kollege Bethke an Verbindungen zwischen den Fällen aufgezeigt hat, müsste eigentlich reichen, eine Sonderkommission einzurichten, oder?«

Er schaute die Staatsanwältin über den Rand seiner Brille fast strafend an.

War Theo Buch etwa ungeduldig mit der kleinen Pia?

Die schaute weg, ging im Raum auf und ab. Was sie überlegte, war Bethke völlig klar: Wenn sie etwas Großes in Gang setzte, was sich hinterher als Schuss in den Ofen erweisen würde, stünde sie nicht besonders gut da.

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