Hurra, wir leben noch by Johannes Mario Simmel

Hurra, wir leben noch by Johannes Mario Simmel

Autor:Johannes Mario Simmel
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2011-11-29T23:34:03+00:00


14

Sie waren gerade zum drittenmal glücklich gewesen, als der Hase verschämt auf eine Uhr blickte, die neben dem breiten Bett stand, und meinte, nun müßten sie sich aber wieder anziehen.

Jakob vernahm es mit Schmerz, doch er sah es ein. Ewig kann dieser Widerling von einem Schönling wirklich nicht wegbleiben wegen dieser blöden Kostümprobe, dachte er. Und er dachte ganz richtig.

Der Hase saß erst eine halbe Minute wieder im Sessel, und der Bär zog sich gerade die Krawatte zurecht, als sich die Wohnungstür öffnete und Herr Erich Fromm in die Diele trat.

Also gerade noch geschafft, dachte Jakob. Gebadet haben wir, Julias Haare sind in Ordnung, die Krawatte sitzt richtig. Nun sehen wir mal weiter! Er war ungemein erstaunt über das, was nun geschah. Mit einem wahrhaft tierischen Schrei stürzte sich Herr Fromm auf Jakob, der sich höflich erhoben hatte, und trat ihm mit einem sehr harten Schuh sehr hart in die Garnitur. Daraufhin setzte sich Jakob wieder.

Das tut ja verdammt weh. Ach herrje, jetzt sehe ich es erst! Ich habe einen Toilettefehler, einen kleinen. Ich habe vergessen, den Reißverschluß zuzumachen, als ich aus dem Badezimmer kam. Schmerz, laß nach. Der eine Schmerz ließ nach, aber ein anderer quälte Jakob, weil Herr Fromm jetzt auf seinen Schädel eindrosch, während der Hase sich laut schreiend an den Film-Weltstar in spe klammerte.

»Erich! Erich! Was ist denn los? Deine Eifersucht ist ja nicht auszuhalten! Hör auf! Hör auf, du sollst aufhören, Herrn Formann zu schlagen, Erich!«

»Meine Eifersucht? Und deine Augen?«

»Was ist mit meinen Augen?«

»Die glänzen! Und wie! Und du weißt genau, wann die immer so glänzen. Du hast mit diesem elenden Lumpen …«

Herr Fromm sprach den Satz nicht zu Ende, denn Jakob hatte sich von seinem Schock erholt und war aufgestanden. Bedächtig schüttelte er den Kopf, schob Julia beiseite, zerrte den rasenden Mimen näher heran, stellte ihn sich so zurecht, wie er ihn haben wollte, und ließ dann seine Rechte vorschießen. Sie traf genau Herrn Fromms Kinnspitze. Jakobs Linke folgte allsogleich in die Magengrube.

Schauspieler Fromm ging zu Boden. Aber schon zog Jakob ihn wieder hoch. »Wehr dich, du Sauhund!«

Und obgleich auch Jakob noch einiges abbekam, schlug er den zukünftigen Superstar nun sachlich, präzise, man könnte fast sagen: emotionslos, zusammen.

Rechts, links, links, rechts trafen den schönen Herrn Fromm Jakobs Haken, und rechts und links, und wieder mal in den Magen, und dazu kreischte der Hase wie von Sinnen. Und immer noch lief die Schallplatte, sie drehte sich seit fast zwei Stunden auf dem automatischen Gerät. Und sie drehte sich weiter.

»… stormy weather! It keeps raining all the ti-ime …«

Und rechts und links. Und links und rechts.

Der schöne Herr Fromm ging endgültig zu Boden. Es erstaunte Jakob ungemein, daß er plötzlich zwei Ohrfeigen von Julia bekam.

»Nanu …«

»Was fällt dir ein!« schrie der Hase wild. »Jetzt sehe ich dich endlich, wie du wirklich bist! Infam und brutal! Verschwinde!«

»Wie bitte?«

»Raus! Raus! Raus!« Außer sich vor Zorn, packte der Hase die kreisende Platte, riß sie vom Teller, und im nächsten Moment knackte es sehr laut und sehr häßlich.

»Hase!« schrie Jakob.

»Julia«, stöhnte Herr Fromm.



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