Hotel by Arthur Hailey

Hotel by Arthur Hailey

Autor:Arthur Hailey [Hailey, Arthur]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-03T04:00:00+00:00


9

Eine Sekunde, nachdem sie an die Tür von Zimmer 1410 geklopft hatte, fragte sich Christine, warum sie hergekommen war. Ihr gestriger Besuch war nach den Ereignissen in der Nacht zuvor und Albert Wells’ Kampf mit dem Tode nur natürlich gewesen. Aber nun befand er sich in guter Pflege und war, nach seiner Wiederherstellung, in seine Rolle als normaler Gast unter anderthalbtausend anderen Gästen zurückgeglitten. Daher, so sagte sich Christine, bestand eigentlich kein Anlaß für einen zweiten persönlichen Besuch.

Aber sie fühlte sich irgendwie zu dem kleinen ältlichen Mann hingezogen. War es vielleicht seiner väterlichen Güte wegen, und weil sie an ihm Charakterzüge ihres eigenen Vaters wahrnahm, mit dessen Verlust sie sich nie ganz abgefunden hatte, selbst nach fünf langen Jahren nicht. Aber nein! Die Beziehung zu ihrem Vater war geprägt durch ihr Vertrauen in seinen Schutz. Bei Albert Wells war es umgekehrt; sie empfand ihn als ihren Schützling, so wie sie ihn gestern gegen die Folgen zu verteidigen suchte, die seine Entscheidung für private Pflege haben mußte.

Oder vielleicht, dachte Christine, war sie einfach einsam und wollte ihre Enttäuschung darüber abreagieren, daß sie Peter heute abend nicht sehen würde, wie es ursprünglich geplant war. Und was das anlangte – war es wirklich nur Enttäuschung gewesen oder ein stärkeres Gefühl, als sie entdeckte, daß er statt dessen mit Marsha Preyscott dinieren würde?

Wenn sie sich nichts vormachen wollte, mußte Christine sich eingestehen, daß sie heute morgen sehr erbost gewesen war. Immerhin hoffte sie, ihren Ärger gut verborgen zu haben, obwohl sie sich einige bissige Bemerkungen nicht hatte verkneifen können. Es wäre ein großer Fehler gewesen, ihr Anrecht auf Peter zu zeigen oder die kleine katzenhafte Miss Marsha im Glauben zu bestärken, sie habe einen weiblichen Sieg errungen, auch wenn sie ihn tatsächlich errungen haben sollte.

Auf ihr Klopfen hin hatte sich nichts gerührt. Da sie wußte, daß die Pflegerin eigentlich im Dienst sein müßte, klopfte Christine noch einmal lauter. Diesmal hörte sie, wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde und tappende Schritte.

Die Tür öffnete sich. Albert Wells war voll bekleidet, sah gut aus und hatte Farbe im Gesicht. Seine Miene erhellte sich, als er Christine erblickte. »Ich hatte gehofft, daß Sie kommen würden, Miss. Andernfalls hätte ich Sie aufgesucht.«

Sie sagte erstaunt: »Aber ich dachte …«

Der kleine vogelähnliche Mann schmunzelte. »Sie dachten, man würde mich am Bett festnageln; na, sie haben’s sich anders überlegt. Ich fühle mich so wohl, daß ich Ihren Hoteldoktor veranlaßt habe, nach dem Spezialisten zu schicken – dem aus Illinois, Dr. Uxbridge. Das ist ein vernünftiger Bursche; er sagte, wenn Leute sich besser fühlen, dann geht es ihnen meistens auch besser. Folglich haben wir die Pflegerin nach Haus gejagt, und ich bin wieder mein eigener Herr.« Er strahlte. »Kommen Sie herein, Miss.«

Christines erste Reaktion war Erleichterung darüber, daß nun die erheblichen Kosten der privaten Pflege wegfielen. Sie vermutete, daß derselbe Gedanke Albert Wells’ Entschluß mit beeinflußt hatte.

Als sie ihm ins Zimmer folgte, fragte er: »Haben Sie schon mal geklopft?«

Sie bejahte.

»Dachte mir, ich hätte was gehört. Aber ich war zu sehr in das da vertieft.« Er zeigte auf einen Tisch unweit des Fensters.



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