Hotel Alpha by Watson Mark

Hotel Alpha by Watson Mark

Autor:Watson, Mark [Watson, Mark]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2015-04-23T16:00:00+00:00


9

GRAHAM

Londons Bewerbung für die Olympischen Spiele war nun das vorherrschende Thema im Alpha. Lara war eine der Verantwortlichen für die Werbekampagne und Chas einer ihrer wichtigsten Mitarbeiter bei diesem Projekt. Howard beteiligte sich in der ihm typischen Weise: Er beherbergte die Mitglieder des Olympischen Komitees, er schüttelte Hände, lag Leuten in den Ohren und forderte Gefallen ein, die sie ihm schon lange schuldeten. Ein paar Monate nach den Anti-Kriegs-Demonstrationen – die sich als fruchtlos erwiesen hatten – hieß er zwei Dutzend Mitglieder des Bewerbungsteams im Hotel willkommen. Howard würde eine seiner Ansprachen halten, um sie zu motivieren, was wahrscheinlich nötig war, denn Paris hatte die Nase vorn, und die ganze Angelegenheit konnte sich schnell als irrsinnige Geldverschwendung erweisen. Danach würde es ein Dinner geben, und dann …

»Dann wirst du dich mit ihnen betrinken?«

»Das ist nicht Bestandteil der offiziellen Tagesordnung, Madman.« Howard setzte mal wieder sein verschmitztes Schuljungengrinsen auf.

»Ich bin nicht von gestern, wie man so schön sagt.«

»Das kann Suzie übernehmen«, sagte er, und seine Züge hatten jetzt wieder dieses Milde, Sanfte, dem niemand widerstehen konnte. »Du musst schließlich nicht jeden Tag rund um die Uhr hier sein, Kumpel.«

Er wusste, dass es mir nur zum Teil um meine Pflichten gegenüber dem Hotel ging. Es hatte vielmehr mit meinen Pflichten mir selbst gegenüber zu tun. Es war Ehrensache für mich, an der Rezeption zu stehen – und zwar umso mehr, als sie sich inzwischen immer weniger wie mein ureigenes Territorium anfühlte.

Suzie stand neben mir, als die Olympia-Leute eincheckten. Sie hatte eine neue Frisur und roch intensiv nach etwas, das sie als »Salonprodukt« bezeichnete, per Computer orderte und dessen Wirkung auf ihre Haare sie in einem Kauderwelsch beschrieb, das ich nicht besser verstand als Japanisch. Als sich die große Truppe in ihren Sweatshirts mit der »London 2012«-Aufschrift vor dem Tresen versammelte, machte sich Suzie zügig an die Arbeit. Sie nahm von jedem einen computergenerierten Code entgegen, klapperte mit ihrem PC herum, verteilte die Zimmer und hatte schon ein Dutzend Leute zum Lift geschickt, bevor ich den zweiten Gast fertig eingecheckt hatte. Dieser – ein gut aussehender Mann etwa in Eds Alter, der überflüssigerweise eine Sonnenbrille trug – unterbrach mich mitten in meinem Satz »Das Frühstück gibt es zwischen …«

»Ich muss morgen um neun in Heathrow sein«, sagte er, »könnten Sie die Abfahrtszeiten für mich rausfinden?«

»Ich kann Ihnen sehr gerne einen Wagen bestellen oder Sie selbst hinfahren«, antwortete ich. »Überlassen Sie es ruhig mir …«

»Nein, ich werde den Zug nehmen. Ich brauche nur die Abfahrtszeiten«, erklärte mir der junge Mann geduldig.

»Ach ja.« Inzwischen gab es natürlich den Heathrow-Express. Die Gäste brauchten nur die Straße hinunter bis zur Haltestelle Paddington zu gehen und waren im Nu auf dem Weg zum Flughafen. Ich hatte mich nur noch nicht richtig daran gewöhnt. »Tut mir leid, ich habe die Zeiten für den Zug nicht im Kopf«, entschuldigte ich mich, »aber ich frage bei der Bahn-Hotline nach und rufe Sie dann im Zimmer an …«

»Ich hab sie hier.« Suzie sah in ihren Computer. »Alle fünfzehn Minuten, zehn nach, fünfundzwanzig nach, zwanzig vor und so weiter.



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