Hostienfrevel (German Edition) by Fritz Astrid

Hostienfrevel (German Edition) by Fritz Astrid

Autor:Fritz, Astrid [Fritz, Astrid]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historischer Roman
ISBN: 9783644510715
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-08-31T22:00:00+00:00


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Kapitel 16

A

ls sie sich auf der Gasse wiederfanden, war Serafina wie vor den Kopf geschlagen. Was war nur in diesen Mann gefahren? Nie zuvor hatte sie ihn so garstig, so boshaft ihr gegenüber erlebt.

Grethe schien nicht weniger bestürzt.

«Schockschwerenot – was war denn das? Dabei hätt ich immer schwören können, dass der Stadtarzt dich heimlich mag.»

Den letzten Satz überhörte Serafina geflissentlich. Und auch ihre Betroffenheit über Achaz’ Verhalten sollte sie erst einmal zur Seite schieben. Viel wichtiger war jetzt die Frage, warum der Stadtarzt so felsenfest von Allgaiers Unschuld überzeugt war. Und was wusste er von Mendel?

Tröstlich legte Grethe ihr den Arm um die Schultern. «Weißt was? Du gehst jetzt mit mir zum Markt, die Heringe bestellen, dafür helf ich dir im Garten, und danach rüsten wir uns zusammen für den Kampf gegen Clausmanns Zipperlein.»

Serafina nickte. Sie konnte wirklich von Glück sagen, dass sie in Grethe eine Freundin gefunden hatte.

Als sie auf die Große Gass gelangten, hatte der Marktmeister bereits das Ende eingeläutet, und wer jetzt noch etwas feilbot, musste mit strengen Strafen rechnen. Normalerweise um diese Zeit waren die Mägde und Hausfrauen längst heimgegangen, um mit ihrem Tagwerk fortzufahren, und es trieben sich nur noch ein paar Kinder, Hunde und Schweine zwischen den Verkaufsständen herum, auf der Suche nach verwertbarer Beute zwischen all den Abfällen, die jetzt das Pflaster bedeckten. Heute allerdings hatte sich in Richtung Heilig-Geist-Spital eine riesige Menschenmenge angesammelt.

«Da schau an – ein Wanderprediger», murmelte Grethe, und sie traten ein paar Schritte näher. Auf der Freitreppe des Spitals reckte eine Gestalt in dunkler Kutte die Arme gen Himmel. Was er von sich gab, verschlug den beiden Frauen die Sprache:

«So höret, meine Schwestern und Brüder, und erkennet, dass die Gefahr nicht vorüber ist! Ihr habt tatsächlich geglaubt, dass das gottlose Volk der Hebräer in alle Winde zerstreut ist und keinen Schaden mehr anrichten kann? O nein, da täuscht ihr euch! Wer Juden bei sich in der Stadt duldet – und sei’s nur ein einziger –, der duldet den Teufel bei sich. Denn im Jud – und sei’s nur ein einziger – sucht sich der Teufel seinen Verbündeten, um die gesamte Christenheit zu verderben!»

«Recht hat er!», rief jemand, und Beifall brandete auf.

Serafina fand als Erste die Sprache wieder. «Bloß weg hier!» Sie packte Grethe am Arm und hielt schnurstracks auf Fronfischels Verkaufsstand zu. Der Fischhändler war gerade dabei, seine Auslage leerzuräumen, während sein Knecht alles auf die Maultierkarre stapelte. Serafina atmete auf. Hier war es zum Glück ruhiger und die Hasspredigt des Bettelmönchs nicht mehr zu verstehen.

«Gott zum Gruße, Meister», sagte sie.

Fronfischel hielt in seinen Verrichtungen inne und lächelte: «Wie steht’s, liebe Schwestern?»

Grethe lächelte zurück – so offenherzig, wie sie in letzter Zeit überhaupt jedes Mannsbild anstrahlte, dachte Serafina bei sich. Eigentlich müsste sie, als die Ältere, Grethe hierfür zurechtweisen, aber sie gönnte ihrer jungen Freundin diese harmlosen Momente der Freude.

«Ich wollt für morgen eine Steige Salzheringe bestellen.» Grethe zupfte an ihrem Schleier herum, bis eine Strähne ihres blonden Haars sichtbar wurde. «Falls Ihr welche vorrätig habt.»

«Für Euch doch immer, Schwester Grethe.



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