Holly. Die gestohlenen Tagebücher: März - Band 2 (German Edition) by Anna Friedrich

Holly. Die gestohlenen Tagebücher: März - Band 2 (German Edition) by Anna Friedrich

Autor:Anna Friedrich [Friedrich, Anna]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2015-02-16T16:00:00+00:00


Mittwoch, 11. März

1

Wer bin ich heute?

Wo steckt mein Leben gerade?

Was will ich heute?

Die drei Fragen am Küchentisch. Heute Morgen sind sie sehr einfach zu beantworten. »Keine Ahnung«, schreibt Sibel in ihr Büchlein und klappt es wieder zu. Sie hat nur drei Stunden geschlafen, um vier hat sie den Text in die Redaktion gemailt, an Christa von Hutten und, es hilft ja alles nichts, an Kotzcharlotte. Sie trinkt ihren Kaffee, viel aufgeschäumte Milch, viel Zucker, und denkt: Das ist schon immer wieder ein richtig geiler Moment, einen fertigen Text wegzuschicken, man hat es geschafft, man lässt ihn los, mit allen Zweifeln, mit allen Fehlern, jetzt ist der Text in der Welt, selbst wenn man jetzt sofort sterben würde. Merkwürdig, denkt sie, was man so denkt, aber denkt man halt.

Sie hat etwas riskiert beim Schreiben ihres Porträts über Marlies, die neue Wunderschauspielerin. Was hat sie sich gequält, und jetzt sieht der Einstieg so aus:

»Ich habe von Marlies Meringuer heute Nacht geträumt. Es ist ein anstrengender Traum. Sie fordert mich heraus. Sie will, dass ich von einem Dach springe, aber das ist mir zu gefährlich. Sie sagt, du bist langweilig. Sie sagt, du bist feige. Sie sagt, so wird das nichts mit dir. Alles im Traum. Und dann springt sie. Und ruft: Komm! Warum bringe ich Marlies Meringuer nicht mehr aus meinem Kopf? Nicht mal im Schlaf …«

Mal sehen, wie der Text ankommt.

Sibel geht unter die Dusche. Lässt eiskaltes Wasser über ihren Körper laufen, über ihr Gesicht. So lange, bis die Kälte anfängt zu schmerzen. Sie liebt das. Sie ist überzeugt, dass sie ohne die Erfrischungsbombe der täglichen kalten Dusche schon gar nicht mehr auf der Welt wäre.

Als sie in der Nacht um vier den Text losschickte, sendete sie auch eine SMS an Carla: »Und?« Und kurz danach noch eine: »Skala?« Aber es kam keine Antwort. Schläft Carla etwa? Gestern war Dienstag, gestern war der Abend, die Nacht, die Escort-Service-Nacht. Wie hieß der dicke Typ noch? Irgendwas mit Müller. O Gott.

In der Früh auch keine Nachricht von ihr. Carla?

Um kurz nach neun Uhr fährt Sibel in die Redaktion. Es ist ein Morgen, der Musik braucht, alte Musik, ruhige, traurige Musik. Sibel trägt ihre Kopfhörer und hört Leonard Cohen, in der U-Bahn, auf den paar Metern zum Holly-Gebäude, die trägt sie noch, als sie in den Aufzug steigt. Und was für ein Zufall, Christa von Hutten ist schon drin im Aufzug, kommt von unten aus der Tiefgarage. Sibel nimmt den Kopfhörer ab und sagt: »Guten Morgen.« Und dann passiert etwas, mit dem sie nun wirklich nicht gerechnet hat. Christa von Hutten nimmt sie in den Arm. »Sensationeller Text, ich bin restlos begeistert. Ich habe heute Nacht schlecht geschlafen, und dann kam irgendwann der Text. Er hat mich umgehauen. Preisverdächtig. Kommen Sie nachher bitte in mein Büro, bringen Sie Charlotte mit. Wir müssen wegen der Fotos reden, die müssen auch sensationell werden.« Noch eine Umarmung.

Was für ein Morgen. Was für ein Anfang, Sibel geht zum Büro von Carla. Und Carla ist da, Jeans, weißes T-Shirt. Sie sitzt am Schreibtisch.



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