Hiobs Brueder Teil 3 by Rebecca Gablé

Hiobs Brueder Teil 3 by Rebecca Gablé

Autor:Rebecca Gablé [Gablé, Rebecca]
Format: epub, mobi
Tags: Hist. Roman
Herausgeber: TUX
veröffentlicht: 2009-12-17T03:00:00+00:00


Auf der engen Holztreppe machte Simon sich mit dem Gedanken vertraut, dass er heute Abend sterben würde. Er hatte seinem Zorn nachgegeben und seine Chance vertan, Eustache de Boulogne in ein Gespinst aus Worten zu wickeln, zu verwirren und auf dünnes Eis zu führen, bis diesem gar nichts anderes mehr übrig blieb, als sich Simon anzuvertrauen, um wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. In der Vergangenheit war das gelegentlich gelungen. Heute nicht. Es war eine bittere Niederlage, dass Eustache ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen und seinen wunden Punkt gefunden hatte, während Simon noch nach dem seinen tastete. Und weil das geschehen war, würde er sterben.

Er fürchtete sich. Und der Gedanke quälte ihn, dass er Philippa nie wiedersehen würde, dass er zu feige gewesen war, ihr die Wahrheit zu sagen, und stattdessen zugelassen hatte, dass sie sich im Unfrieden trennten. Aber gleichzeitig empfand er eine eigentümliche Gelassenheit. Das, was für ihn das Schlimmste war, war bereits passiert: Er hatte im Angesicht seines Feindes einen Anfall erlitten und zuckend zu seinen Füßen gelegen. Für Simon war es die grauenvollste aller Demütigungen, und ganz gleich, was sie jetzt taten - schlimmer konnte es nicht werden. Die Erkenntnis gab ihm Trost und vor allem Mut.

Die Halle war klein und schmucklos, und es gab weder Kamin noch Feuerstelle. Fackeln in schmiedeeisernen Ständern waren die Wände entlang aufgereiht, doch sie schienen mehr Qualm und Ruß als Licht zu verbreiten. Es gab nur eine lange Tafel, und sie hatte kein Tischtuch. Eustache und Haimon saßen auf den Ehrenplätzen in der Mitte, und vielleicht zwanzig Ritter hatten sich versammelt. Der Eintopf, den sie aßen, verbreitete einen unangenehmen Geruch nach angebranntem Hammelfleisch. Als die beiden Wachen Simon hereinbrachten, dicht gefolgt von Richard de Clare, verstummten die gedämpften Tischgespräche, und die Männer sahen ihnen entgegen. Simon schaute in ein paar Gesichter, während er vor die Tafel geführt wurde. Die meisten erwiderten seinen Blick mit verhaltener Neugier, manche mit Häme, und er erkannte niemanden.

Sechs Holzbalken stützten die Decke der Halle. Ein bärtiger Goliath stand wartend neben dem, welcher der Tafel am nächsten war, und hielt einen Strick in Händen. Zu seinen Füßen glomm eine Kohlenpfanne, in deren Mitte man einen Becher gestellt hatte. Simon konnte den Inhalt nicht erkennen, aber er hörte das unverwechselbare Blubbern von kochendem Blei.

»Es ist eine schöne, alte französische Sitte, de Clare«, erklärte Eustache mit einem Lächeln. »Viel ausgeklügelter und nicht so geistlos wie die endlosen Verstümmelungen des normannischen Gesetzes. Von den alten Franken können wir noch etwas lernen, so scheint mir: Männern, deren gefährlichste Waffe ihre Zunge war, schütteten sie geschmolzenes Blei in den Schlund, damit die Zunge still hielt. Das hat mir irgendwie immer gefallen.«

»Ich bin nicht verwundert«, hörte Simon sich sagen, und er fragte sich, wie er seine Stimme gefunden hatte, woher er die Luft zum Atmen nahm, denn das Grauen schnürte ihm die Kehle zu.

Hairnon hob ihm den Weinbecher entgegen. »Was passiert eigentlich, wenn einer von deinen unzertrennlichen Freunden krepiert?«, fragte er.

»Dann stirbt der andere wenig später.«

»Nun, in dem Fall werdet ihr heute wohl alle drei zur Hölle fahren.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.