Hiddensee 03 - Engelstrompeten by Lautenbach Birgit & Ebend Johann

Hiddensee 03 - Engelstrompeten by Lautenbach Birgit & Ebend Johann

Autor:Lautenbach, Birgit & Ebend, Johann [Lautenbach, Birgit]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2014-03-28T16:00:00+00:00


»Ich will nur hoffen, dass der uns nicht verarscht.« Kästner war keineswegs davon überzeugt, dass es mit ihrem Einsatz seine Richtigkeit hatte. »Das gibt’s doch gar nicht – kein Mensch findet zweimal hintereinander eine Leiche! Innerhalb von vierundzwanzig Stunden!« Er fasste das Lenkrad fester und gab wieder Gas, nachdem er von der Straße abgebogen war. Der Sandweg war breit genug für den Streifenwagen, aber so uneben, dass der Professor auf der Rückbank auf und ab hüpfte wie auf einem orthopädischen Sitzball.

»In der Tat eine ungewöhnliche Koinzidenz«, stimmte er Kästner gut gelaunt zu. »Von der glücklichen Fügung gar nicht zu reden, dass meine Dienstreise mich samt Ausrüstung quasi bis in Ihr Revier geführt hat.« Seine rechte Hand umklammerte den Haltegriff über der Tür, die linke lag auf dem voluminösen schwarzen Koffer mit den Utensilien, die er zur ersten Leichenschau brauchen würde.

Wenn es denn eine Leiche gab.

Auch Pieplow war skeptisch. Einerseits konnte er sich nicht vorstellen, dass jemand sich einen derart makabren Scherz ausdachte. Erst recht nicht Clemens Meier, dem die Sache mit Wanda so offensichtlich an die Nieren gegangen war. Andererseits kam auch ihm die Sache äußerst spanisch vor. Unwahrscheinlich. Absurd. Als ob in einem ebenso schrägen wie schlechten Film jeden Morgen eine Leiche gefunden wird. Immer zur gleichen Zeit. Immer vom selben Mann.

»Wenigstens einen Vorteil hat das. Es macht weniger Schreibkram. Die Personalien haben wir ja schon.« Kästner, der Gelegenheitszyniker, verringerte das Tempo, als hinter einer leichten Linkskurve die Meiers in Sicht kamen. Sie saß als Häufchen Elend im Gras. Er stand so demonstrativ aufrecht, dass es fast trotzig wirkte. Aber dann wich er einen Schritt zurück, als habe er Angst vor Kästner, der als Erster bei ihnen war und sie in forschem Polizeiton aufforderte: »Na, dann erzählen Sie mal!«

Von Ina Meier kam nur ein Schluchzen. Gedehnt und klagend und so voller Hilflosigkeit, dass Kästner sich bückte und ihr unbeholfen die Schulter tätschelte. Weinende Frauen waren nicht sein Spezialgebiet.

Clemens Meier sah tatenlos zu. »Er ist hinter dem Busch«, presste er zwischen verkrampften Kiefern hervor.

Alle Gedanken an einen üblen Scherz wichen der Gewissheit, dass die Situation ernst war. Bitterernst und hoffentlich nicht so blutig wie gestern, wünschte sich Pieplow.

Zuerst sah er die Schuhe. Feste schwarze, wie die Fischer sie trugen. Darüber eine Hose, in die kein junger Mann freiwillig steigen würde. Dunkelgrau, nicht ganz sauber, vor allem am Schlitz nicht. Ein alter Mann also. Das bestätigten die schwieligen, krummen Hände. Offen und ganz entspannt lagen sie im Gras.

Kein Krampf. Kein Kampf und kein Blut. Auch am Oberkörper nicht, der in einem dunkelblauen Troyer steckte.

Weil Zweige über dem Boden den Kopf verbargen, musste Pieplow sich vorbeugen. Erst dann konnte er erkennen, wer dort lag.

Fritz Niemann. Fiete. Der olle Niemann.

Pieplow holte tief Luft. Vor Erleichterung, weil auch der Kopf und das gelöste, fast staunend wirkende Gesicht unversehrt schienen. Vor Traurigkeit, weil er den Alten gemocht hatte. Den großen Schweiger. Das Fischer-Denkmal, als das er tagein, tagaus am Hafen gesessen hatte.

Der Professor stand dicht hinter Pieplow und brachte sich mit einem Räuspern in Erinnerung.

»Ich will Ihre Andacht nicht stören, mein Guter.



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